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Cornelius

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Alle erstellten Inhalte von Cornelius

  1. ("Jugendsünde" aus dem Fundus) Kuno ist ein Mann von Adel, furchtlos, ohne Fehl und Tadel. Doch in seinem Lebenslauf tut sich eine Lücke auf, denn es fehlt zu seinem Glück noch ein echtes Heldenstück. Hierzu fehlt in alter Zeit selten die Gelegenheit. König Bartel hier im Land gibt durch Herolde bekannt: Einem großen grünen Drachen solle man den Garaus machen. Träfe man das Tier im Herzen, leuchteten die Hochzeitskerzen. Mit Prinzessin Elsas Hand winke noch das halbe Land, steuerfrei und zu vererben. Bitte bald sich zu bewerben! Kuno sucht nun abzuwägen, was dafür spricht und dagegen: Eine halbe Königskrone hätte er recht gern zum Lohne. Von der Tochter, hochverehrt, würde nur die Hand gewährt? Gerne mag die Maid er ganz - doch das ist wohl Firlefanz, nur Jargon der Schlosskanzlei aus dem Jahre 1003. Also gibt der Wohlgeboren seinem Ross sogleich die Sporen. Sich zu sichern die Belohnung, reitet er zur Drachenwohnung. Rings umher ergrünt der Wald. Nur aus tiefem Felsenspalt quillt wie Pech die Finsternis. Eine Drossel pfeift ein Fis. Ohne Hast verstreicht die Zeit. Kuno hält sein Schwert bereit. Doch der Fels scheint unbewohnt. Ob das Warten sich noch lohnt? Auch nach vielen langen Stunden wird kein Drache vorgefunden. Weder Rauch noch Schwefelduft steigen aus der schwarzen Kluft. Gibt es keinen Drachenkampf? Keinen Krach und keinen Dampf? Dieses wär für einen Ritter doch wahrhaftig gar zu bitter. Traurig trabt auf seinem Schimmel Kuno unterm Abendhimmel. Fast bewegt es ihn zum Weinen: Muss des Lindwurms Nichterscheinen ihm den schönen Tag verhunzen? Plötzlich rechter Hand ein Grunzen - aus dem dichten Unterholz bricht ein Eber, wild und stolz, droht mit blitzendem Gewaff. Alle Arme würden schlaff bei solch schreckensvoller Sichtung auf der abendlichen Lichtung. Kuno aber wird nicht bange. Er besinnt sich gar nicht lange. Unverzüglich fährt dem Eber seine Klinge in die Leber. Borste bricht und Schwarte kracht. Kuno hat sein Werk vollbracht! Es erlischt des Untiers Wut. Kaum spürt Kuno, wie das Blut aus des Keilers Gurgel sprudelt und des Ritters Wams besudelt. Wohl: Ein Keiler, keine Bache. Aber immer noch kein Drache. Kuno lenkt sein edles Ross wenig siegesstolz zum Schloss, um das Wildschwein, schwarz und schiefern, als Tribut dort abzuliefern, hofft, als Lohn für seine Taten, auf ein Stückchen von dem Braten. Bartel kämpft mit Freudentränen, als, geschmückt mit Wildschweinzähnen, Kuno sich dem Herrscher zeigt und sich vor dem Thron verneigt: "Sei gepriesen, edler Held, Licht und Retter dieser Welt! Deine Brust, vom Blut gerötet, sie beweist, wen du getötet. Meine Tochter wird zur Braut morgen früh dir angetraut! Ihr bekommt zu eurem Glück auch vom Schwein das beste Stück!" Kuno möchte sich erklären und dem Missverständnis wehren, ist ob dieses Quiproquo nicht so recht von Herzen froh, doch man will statt vieler Worte lieber Wein und Hochzeitstorte. Als die Sonne aufgegangen, wird das Volk zum Fest empfangen. Hell erklingen die Fanfaren, locken froher Gäste Scharen, und mit Tanz und Sang und Klang feiert man drei Tage lang. Dass der Drache nur ein Schwein, das gewütet nachts im Hain, um des Landes Ruh zu stören - niemand will dies Märchen hören, lässt den Drachentöter-Glauben sich durch solch Geschwätz nicht rauben. Keinen gibt es, der da meckert, und mit Blut und Ruhm bekleckert führt der Ritter nun fürwahr Jungfrau Elsa zum Altar. Starben nicht die Eheleute, ja, dann leben sie noch heute ...
  2. Cornelius

    Unvollendete Grabschrift

    (in der untersten Schublade gefunden) Es ruht hier unter diesem kalten Steine ein Mensch, dem Freud und Leid die Tage würzten: Der Kassenwart vom Kleintierzuchtvereine. Die Parzen seinen Lebensfaden kürzten. Gar edel, doch vergebens war sein Streben. So quellt denn nun hervor, ihr Tränenbäche. Es bleibt, was er geleistet hat im Leben, zu schildern leider hier zu wenig Fl
  3. Hallo Terrapin, eigentlich habe ich dem hier bereits Gesagten nichts hinzuzufügen, möchte nur gerne persönlich vor dir meinen Hut ziehen. Ein Mustersonett nach Art der alten Meister, aber nicht altmodisch, sondern zeitlos. Da sitzt jedes Wort und jede Silbe, und auch inhaltlich finde ich mich in und zwischen jeder Zeile wieder. Eine Frage zum Verständnis hätte ich: Sind mit den "Spektren" im zweiten Vers des ersten Terzetts Gespenster bzw. Trugbilder gemeint (lateinisch spectrum = Gespenst, Bild, Erscheinung)? Und wer oder was hat ihren Kreis "ausgerufen"? Zum Titel: "Notorische Desintegration" würde zum Inhalt passen und hätte einen gewissen Charme, der auf den einen oder anderen potentiellen Leser aber auch abschreckend wirken könnte. "Die einen ... " ist schön schlicht und macht neugierig ... So viel oder wenig von mir, ich gehe jetzt in meine Neidecke und weine noch ein bisschen. Gruß Cornelius
  4. Cornelius

    Xerxes

    Hallo Peter! Er wird es verschmerzen können. Gruß Cornelius
  5. Hallo Uwe, mit einem gewichtigen Werk wäre der Wunsch des Bestellers schon erfüllt. Wenn man die Sache ganz unsentimental betrachtet... Gruß Cornelius
  6. Hallo Perry, das Leben als Schallplatte - das ist ebenso genial wie einprägsam. Heute haben die Scheiben ja meist keine Rillen mehr und werden von Lasern abgetastet (wobei das Macrolon-Zeitalter ja schon seit einigen Jahren auszuklingen scheint, während das gute alte Vinyl in Sammlerkreisen eine kleine Renaissance erlebt), aber ich als Angehöriger der Generation, deren bisheriges Leben von der Jahrtausendwende in zwei Hälften geteilt wurde, wünschte mir manchmal, eine 78er Schellack zu sein... Gruß Cornelius
  7. Cornelius

    Barfuß

    Was nützt die Weite des unendlichen Weltalls wenn mich der Schuh drückt
  8. Lieber Curd, über den Tod von Kindern - der größte Schmerz, der Eltern widerfahren kann - sind schon unzählige Gedichte verfasst worden. Einige davon sind mir begegnet, und deines ist das Erste, das mir gefällt (falls dieses Wort angesichts des tragischen Themas angebracht ist): Voller Gefühl, aber ohne kitschiges Sentiment. Unterstreichen und hervorheben möchte ich die Differenzierung zwischen Gott und dem Tod, die du hier vornimmst: Es ist der Tod, der das Kind mit sich nahm. Nicht etwa Gott, weil er einen neuen Engel brauchte, wie es in Trauerreden und Nachrufen immer wieder heißt, Letzteres eine Vorstellung, die an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten ist. Gott betrachtet den Tod, der infolge der Erbsünde über die Menschheit kam, als seinen Feind, wie es zum Beispiel in 1. Korinther 15,26 deutlich heißt: "Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod." Wann das sein wird, weiß allein unser Vater im Himmel (nicht einmal Jesus weiß es, laut eigener Aussage), aber bis dahin sind die Toten in Gottes Gedächtnis geborgen, wie es die letzte Strophe deines Gedichtes andeutet. Ich hoffe dieses Mal besonders innig, was wir ja immer beteuern: Dass das lyrische Ich nicht mit dem Verfasser identisch ist, und sende für den Fall, dass doch autobiografische Bezüge vorliegen, ganz besonders herzliche und hoffentlich tröstliche Grüße Cornelius
  9. Hallo Uwe, für dieses zauberhafte Gedicht musste ich einfach ein Herzchen spendieren...und frage mich wie Juls, was wohl der Baum dabei empfindet, wenn ein solches in seine Rinde geritzt wird. Ein Gedicht aus Baum-Perspektive wäre vielleicht auch eine Idee...? Über den Vers "Das Jahr in Frage ist verschwunden" bin ich auch noch am Grübeln. Er stört den Lesefluss nicht sonderlich, heftet sich aber doch als kleines Fragezeichen an den Text. Handelt es sich bei dem "Jahr in Frage" um jenes Jahr, in dem das LI die Herzen eingravierte? Falls Vorschläge für Alternativen erlaubt sind, hätte ich anzubieten: "Die Jahre heilten viele Wunden" (vielleicht auch: "manche" oder gar "alle" Wunden) oder ähnlich. Oder nähme es dann inhaltlich eine von dir nicht gewünschte Wendung? Aber auch so, wie dein Gedicht jetzt hier steht, kommt es auf meine Lieblingsliste. Grüße Cornelius P. S. Was du hier in jüngster Zeit alles hervorsprudeln lässt, ist in seiner Qualität und Quantität beinahe bedenklich... P. P. S. Habe eben deinen eigenen Änderungsvorschlag gesehen. Das passt perfekt...
  10. Cornelius

    Satt

    ... Aber jetzt haue ich sie in die Pfanne und brate sie in dem Fett dass ich wegbekommen habe. Gruß C.
  11. Cornelius

    Xerxes

    (Verwitterte Inschrift in den Ruinen von Persepolis) Ein ganzer Mann ist Xerxes, stark und sehnig. Ein Stelldichein je Nacht ist ihm zu wenig. Du ahnst vielleicht, wie reich sein Samen fließt, wenn du des Herrschers Namen rückwärts liest.
  12. Hallo Alexander, welch eine vollendet in Verse gesetzte Höllenfahrt! Freilich wäre es interessant zu erfahren, was die arme Seele im "Licht von Docht und Birne" angestellt hat. Hoffentlich muss ich nicht auch einmal, vielleicht wegen eines unbewussten kleinen Fehltritts, diese Treppe hinabsteigen. Ein Hoffnungsfunke glimmt in diesem Inferno auf: Wer "Finsternis als Gott verehrt", muss wohl nicht ohne Grund durch dieses (am Ende vielleicht läuternde?) Feuer gehen. Fulminant! Gruß Cornelius
  13. Cornelius

    Nirwana

    Ja, die Ewigkeit kann sich ziehen, besonders gegen Ende hin
  14. Cornelius

    Selbsteinschätzung

    Ich bin der Meister aller Klassen, nur einer nicht: mich kurz zu fassen.
  15. Cornelius

    Die Nase

    Hallo Rosa, mit diesem netten Gedicht hast du in der Humorecke die Nase weit vorn... Gruß Cornelius
  16. Cornelius

    Übrigens...

    Nur dass ich es mal kurz erwähne: Es ist letztendlich die Hyäne ein Mitgeschöpf wie ich und du. (Ein schwacher Trost ist dies fürs Gnu.)
  17. Hallo... ...das erinnert mich an das gute alte Boulevardstück "Pension Schöller". Eine der Figuren darin ist ein Schauspieler, der genau an diesem Zungenfehler leidet und immer "n" statt "l" sagt ("Wannenstein - eine tonne Ronne!"). Er wird am Ende davon kuriert... Dein Gedicht im Gedicht holt annähernd das Optimum aus der Sache heraus. Gut geschmunzelt Cornelius
  18. Cornelius

    Nichtsnutz

    Moin Uwe, köstlich! Ich wäre dafür, das Nein ungeschrieben zu lassen, eventuell aber die drei Pünktchen in Anführungszeichen zu setzen... Nichtsnutzige Grüße Cornelius
  19. Guten Morgen Delf, dein Gedicht macht Vergnügen und regt zum Nachdenken an. Hoffentlich ist es noch nicht zu spät, dir und den Kommentatoren in Versen zu antworten: Ein Wandrer sah ein Veilchen stehen am Waldrand beim Spazierengehen. Er rief entzückt: "Wie bist du schön, du liebes Veilchen in der Rhön!" Da hüstelt es in seinem Ohr: "Pardon - Viola tricolor! So tituliert mich ohne Panik der wahre Kenner der Botanik. Doch nenn mich weder hübsch noch hässlich, denn Nüchternheit ist unerlässlich, das Werk des Schöpfers zu beschreiben. Ansonsten lass es lieber bleiben. Denn Gott, der sitzt am langen Hebel. Du irrst dein Leben lang im Nebel. Nun hüll dich fester in den Trench- coat und geh weiter, kleiner Mensch. Du meinst, mit faden Etiketten wohl dich und deine Welt zu retten und wähnst dazu, ich könne reden. So geht es freilich einem jeden von euch gefühlsbetonten Wesen. Du solltest lieber Sartre lesen." Drauf hat der Mensch das Kraut gepflückt und innig an sein Herz gedrückt. Nun ruht es, ausgepresst und platt, in seiner Wohnung in der Stadt nebst andern bunten Blumenleichen in einem Buch als Lesezeichen. Er blättert jeden Tag darin und sucht verzweifelnd nach dem Sinn. Das Kind des heitern Himmelslichts - es schweigt vom Sein und auch vom Nichts. Blumengruß Cornelius
  20. Vom Schlachtfeld reiten sieggekrönt, von Famas Liedern hell umtönt, Macbeth und Banquo auf die Heide. Zum Abendessen möchten beide in heimatlichen Mauern weilen, weshalb sie im Galopp sich eilen. Ihr Siegeslauf wird aufgehalten von drei gebuckelten Gestalten, die wirren Haare schwarz wie Ruß: "Dem Than von Cawdor unsern Gruß! Die Götter geben dir zum Lohne, Macbeth, der Schotten Königskrone. Doch Banquo, dich erkoren sie zum Vater einer Dynastie." Macbeth wird beim Nach-Haus-Gelangen von seiner Gattin hold empfangen. Im Herzen seiner Lady wohnen schon insgeheime Ambitionen, die diese Frau nicht zögern lassen, das Glück sogleich beim Schopf zu fassen. Geführt von seines Schicksals Fluch kommt König Duncan auf Besuch des Nachmittags um Fünf zum Tee und legt sich dann aufs Kanapee. Von diesem steht er nicht mehr auf. Ihm hat ins Herz bis hin zum Knauf Macbeth das blanke Schwert versenkt, vom Willen seiner Frau gelenkt. Dann bringt, gemäß dem Lauf der Dinge, die einmal schon erprobte Klinge auch Banquos treues Blut zum Fließen, bevor ihm Könige entsprießen. Beim Festbankett im Krönungssaal erscheint dem Mörder, bleich und fahl, des Freundes Geist mit rotem Latz und wehrt ihm seinen Ehrenplatz. Das darf Macbeth nun nicht genieren. Er muss mit harter Hand regieren. In Schott- wie auch in Engelland regt Argwohn sich und Widerstand. Auf neuerlichem Heideritt erscheinen ihm, erneut zu dritt, die hochbetagten weisen Frauen. "Macbeth, du darfst dem Spruch vertrauen: "Dem Wald von Birnam muss es glücken, bewaffnet zu dir vorzurücken. Zum Mörder ist dir auserkoren ein Mann, von keinem Weib geboren. Macduff wird dich gen Orkus flexen." So raunen rätselvoll die Hexen. Macbeth vernimmt gefasst die Kunde. Zu Hause irrt zur Geisterstunde die Lady, die im Schlafe wandelt. Sie wähnt sich selbst mit Blut verschandelt und wankt, ihr Antlitz angstverzerrt, auf weichen Knien zum Allibert. Dort lagern Laugen und Tinkturen zur Tilgung unerwünschter Spuren, doch wie sie rubbelt, schrubbt und reibt - der Fleck an ihrer Hand verbleibt. Man meldet bald darauf dem Than: "Dein Eheweib verschied im Wahn." Der harrt nun einsam in der Burg als seines Sturzes Dramaturg. Was hört er auf der Heide rappeln? Dort wandeln schlanke Zitterpappeln und rindenstreifig weiße Birken, die, seltsam, fast wie Menschen wirken. Und Menschen sind sie ja fürwahr, von Nahem sieht das Auge klar. Sie steckten Zweige jener Pflanzen an ihre gut gespitzten Lanzen. Inmitten dieser so Getarnten Macduff, vor dem die Hexen warnten! Der Schlossherr schreitet aus dem Schloss und stellt sich dem begrünten Tross. Bestätigt wird durch dies Spektakel die erste Hälfte vom Orakel. Macduff, sein Gegner, selbst enthüllt, dass auch die zweite sich erfüllt, denn es erblickte jener Held per Kaiserschnitt das Licht der Welt. Macbeth wird sterbend offenbar: Was Hexen sprechen, wird auch wahr.
  21. (aus dem Fundus) Von und nach Jerusalem führt ein Weg, recht unbequem, der sich durch die Wildnis windet, es mit Jericho verbindet. Dieser Weg ist unentbehrlich, aber leider auch beschwerlich, weil zu jedermanns Bedauern hier recht gerne Räuber lauern. Wo sich dieser Pfad verzweigt, abfällt und dann wieder steigt, wird in diesem Augenblick durch banales Missgeschick ein Spazierer, fremd im Lande, Opfer einer solchen Bande. Heiter lauscht er und beschwingt, wie sein Geld im Beutel klingt. Die erwähnten Übeltäter leeren ihn Sekunden später, stürzen sich auf jenen Mann, eh er sich besinnen kann, knüppeln ihn gemeinsam nieder, brechen ihm zwei Fingerglieder, machen nach erfolgtem Raub sich geschwinde aus dem Staub. Schemenhaft durch Tränenschleier sieht er schon den Kreis der Geier, als ihm seine Sinne schwinden. Wird ihn zeitig jemand finden? Endlich kommt ein vielbegehrter, wohlbekannter Schriftgelehrter, stolpert fast, sein Herz verhehlend, über jenes Häufchen Elend, sucht dann auf der andren Seite Psalmen murmelnd rasch das Weite. Nächstens naht sich ein Levit und beschleunigt seinen Schritt. Er weiß wohl, was gut und heilig. Leider hat er es sehr eilig, denn er möchte heute gerne noch zur nächsten Schanktaverne, den Gestalten dort am Tresen zünftig die Leviten lesen. Schließlich kommt ein Paria aus der Stadt Samaria, sieht den ausgeraubten Mann, nimmt sogleich sich seiner an. Kundig hat er alle Wunden frisch gereinigt und verbunden, hebt den Fremden auf sein Tier, nimmt ein Gasthaus ins Visier. "Wirt, ihr sollt den Mann bis morgen mit dem Nötigen versorgen! Gebt ihm euer bestes Essen, auch den Wein nicht zu vergessen. Legt ihn auf ein weiches Lager. Habt ihn gern wie euren Schwager. Wenn zwei Münzen euch nicht reichen, will ich bald den Rest begleichen." Darauf zum Geretteten, schon auf Stroh Gebetteten: "Mache es dir hier bequem. Vor dir liegt Jerusalem." "Aber ich", so stöhnts im Stroh, "wollte doch nach Jericho...!"
  22. Cornelius

    Befreit

    Guten Morgen in die Runde! Danke für die Auflösung, lieber @Teddybär. Vermutlich habt ihr alle die Lösung gleich erraten. Demnächst muss ich mir wohl etwas Kniffligeres überlegen... @Perry: Die äußere Größe ist nicht entscheidend, da stimme ich dir gerne zu. Die David-Statue von Michelangelo ist allerdings schlappe 5,17 m hoch (und wiegt geschätzt etwa sechs Tonnen). Damit hätte sie den leibhaftigen Goliath um einige Nasenlängen überragt - dieser war laut 1. Samuel 17,4 "sechs Ellen und eine Handbreit" hoch, was etwa 2,90 entspricht... @Wannovius: Freue mich sehr über deine Anmerkungen zum biblischen Vorbild von Michelangelos Skulptur. Das lohnt auf jeden Fall - wie überhaupt die ganze Bibel -, sich näher damit zu beschäftigen, ganz gleich, wie man es mit dem Glauben hält. Du hast ja schon auf einige lohnende Kapitel hingewiesen. Noch eine Empfehlung von mir: Die Geschichte von David und Goliath ist in 1. Samuel Kapitel 17 nachzulesen. Schönen Sonntag euch allen wünscht Cornelius
  23. Cornelius

    Wäscheklammer

    Hallo Windo, welch ein ergreifendes Klagelied...Dazu metrisch blitzsauber und gut gereimt, was es noch unmittelbarer zu Herzen gehen lässt (nur über Hosen/ausgestoßen bin ich beim zweiten Lesen kurz gestolpert, beim ersten Mal war mir gar nicht aufgefallen, dass hier das stimmhafte einfache s und das stimmlose scharfe ß nicht ganz deckungsgleich sind.) Ich liebe diese Poesie der kleinen und alltäglichen Dinge. Bitte gerne mehr davon... Gruß Cornelius
  24. Cornelius

    Befreit

    Äonen lag ich starr und stumm im Marmorsteinbruch bloß herum. Dann ließ man mich im Villengarten noch einmal dreißig Jahre warten. Zwei vielgerühmte Meißelschwinger verbrannten sich an mir die Finger. Dem dritten wollte es gelingen, in meinen Kerker einzudringen. Was lastend meinen Leib umhüllte und weiter keinen Zweck erfüllte, das hat er sorgsam weggeklopft, mit etwas Künstlerschweiß betropft. Drei Jahre ließ ich mich behämmern, dann durfte mir der Morgen dämmern. Hier stehe ich, erlöst, befreit, zum Streit mit Goliath bereit, mit nichts als reiner Luft bekleidet, von manches Menschen Blick beneidet. Ihr habt es sicher schon im Sinn, wer mich erschuf und wer ich bin?
  25. Moin Ralf, gerade versuche ich mir bildlich vorzustellen, wie eine Hundertschaft von Floriansjüngern mit Löschblättern um sich schlägt... Hat etwas von einem Schildbürgerstreich. Das ist mal wieder ein witziges Wortspiel, und eines ohne sprachliche Verrenkungen. Gruß Cornelius
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