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Cornelius

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Alle erstellten Inhalte von Cornelius

  1. Cornelius

    Rede zur Lage der Nation

    Verehrte Gäste, hohes Haus, ich muss es einmal sagen: Die Zukunft sieht recht düster aus, doch wollen wir nicht klagen. Ich nehm kein Blatt mehr vor den Mund, leg schonungslos es offen: Wir fürchten viel aus gutem Grund, doch ist noch mehr zu hoffen. Ich reiche jedem hier die Hand in diesen schweren Stunden. Der Wolf geht um im Schafgewand, ich sag es unumwunden. Wer jetzt sein Brot mit Tränen isst, muss auf dem Tiger reiten. Es bleibt uns nur noch kurze Frist. Wer wollte das bestreiten? Wer zagend in den Abgrund stiert, hat kampflos schon verloren, doch wer Aktionen konzertiert, verdient sich seine Sporen. Das ist des Lebens buntes Spiel. Es wissen Mönch und Nonne: Die Fackel muss am End ins Ziel, die Asche in die Tonne. Der ändert nicht den Lauf der Welt, wer mit dem Strom geschwommen. Wer Führung heut bei mir bestellt, der wird sie auch bekommen. Was ich zu tun, zu sagen hab, dem Staate soll es dienen. Ergreifen wir den Staffelstab! Das wärs. Ich danke Ihnen.
  2. Cornelius

    Hier und dort

    Hier bin ich, doch es zieht mich fort mit Macht an einen andern Ort. Nicht, dass es "hier" mir ganz missfiel - doch "dort" zu sein ist nun mein Ziel. Kaum bin ich da, wird mir bewusst zu meinem nicht geringen Frust: Sollt' jemand jetzt "Wo bist du?" fragen, müsst' wieder "Ich bin hier" ich sagen. Wohin auch immer ich mich wende, es nimmt doch stets dasselbe Ende: An jedem noch so fernen Ort bin ich nur "hier" und niemals "dort". Sollt' ich am einen Ufer stehn, so muss ich auf das andre sehn. Hier hab ich meine eignen Hühner, doch drüben ist das Gras viel grüner. Bevor ich jetzt noch ganz verzweifel', fahr ich auf Urlaub in die Eifel. Zurück zu Haus mein Nachbar fragt: "Wie hats dir denn dort zugesagt, wo du am Wochenend gewohnt?" Wie sehr mich dieses Wort belohnt: Ich bin tatsächlich "dort" gewesen und fühle mich schon fast genesen. Nun geh ich in mein Haus hinein und freu mich endlich, "hier" zu sein.
  3. Schön auf den Punkt gebracht. Wenige schlichte Worte können viel Trost spenden, so wie hier in deinem Gedicht. Gerne gelesen. Gruß Cornelius
  4. Cornelius

    Nachtkonzert

    Möchte mich bei euch allen fürs Lesen, für eure lobenden Worte und den herzlichen Empfang bedanken. Freue mich, dass ich hier dabei sein darf. Möchte mich nun noch ein wenig umschauen und wünsche allen Mit-Poeten einen schönen Abend! Gruß Cornelius
  5. Cornelius

    Nachtkonzert

    Über Wiesen, Wald und Teiche gießt der Mond sein Silberlicht, schmiegt sich an die alte Eiche, halb verdeckt sein Angesicht. Sacht beginnt der Wind zu wehen und die Stille wird zu Klang. In den schweren Duft der Schlehen mischt sich lockend ein Gesang. Sanftes Flöten mit Vibrato, Triller mit Kadenz am Schluss, leichte Schnörkel und Staccato wechseln ab in schnellem Fluss. Mancher, der dies Lied darf hören, fühlt: Ein Schöpfer wohnt im All. Mancher lässt sich nicht betören und vernimmt nur leeren Schall.
  6. Werte und geliebte Erde! Höre gnädig die Beschwerde: Heut aus stillen Kraters Mitte möchte innigst diese Bitte ich vor deine Völker bringen: Mich nicht weiter zu besingen. Jegliches von Euch diversen Erdenwesen will in Versen oder Prosa mich beschreiben. Ach, ich bitte: Lasst das bleiben! Was zu meinem Glanz und Schimmer mit poetischem Gewimmer Ihr an Reimgebäuden baut, geht auf keines Mondkalbs Haut. Widersteht doch diesem Drang, immer mit des Verses Klang das, was durch den Kopf Euch geht, wenn Ihr mich am Himmel seht, wonnig lallend auszudrücken. Niemals wird Euch dieses glücken. Wisset: Ich bin unbesingbar, unerreichbar, unbezwingbar. Was von meiner lichten Sphäre ungefähr zu sagen wäre, jede Dichtkunst übersteigt es. Wer's versucht, nun - der vergeigt es. So gebiete bitte Einhalt dieses Verse-Schmiedens Einfalt! Sonst, zu meinem eignen Glück, zieh ich mich von Euch zurück. Aus des Weltalls dunkler Tiefe schreibt Euch niemand mehr dann Briefe. Flut und Ebbe als Gezeiten werden nicht mehr Euch begleiten. Um die Schwerkraft Eurer Welt ists auch anders dann bestellt. Also wollt Euch überlegen, ob mein Wort Euch kann bewegen, meiner Bitte stattzugeben. Sonst Adieu und schönes Leben! Sagt Euch, dass Ihr wohl ihn kennt, achtungsvoll Der Mondregent.
  7. Cornelius

    Luther in Worms

    Zu Worms im hohen Reichstag sitzt der frisch gekrönte Kaiser. Der Strafankläger, zornverschwitzt, schrie nach und nach sich heiser. Der Delinquent steht ungerührt. Er hat vor Publikum das Schwert des Geistes scharf geführt. Nun dreht den Spieß man um. Er habe Gottes Wort verdreht, so dröhnt man ihm entgegen. Er kann vom Punkt, an dem er steht, sich nicht mehr wegbewegen. Er hat im Schweinestall geübt, sich höflich zu verbeugen und ist darum auch nicht betrübt, vor Richtern zu bezeugen: "Gewissen und die Heilge Schrift - dem fühl ich mich verpflichtet. Die steilsten Klippen der umschifft, der stets sich danach richtet." Der Kaiser darf nicht, wie er will. Er muss das Urteil sprechen. Der Angeklagte denkt sich still: "Mein Heiland wird mich rächen." Er beugt zum Scheine sich dem Joch und trinkt im "Krug" ein Kännchen. In Worms spaziert er heute noch als grünes Ampelmännchen.
  8. Hallo! Bin noch neu hier und beim Umschauen auf dieses Kleinod gestoßen... Das Thema "Raub der Sabinerinnen" stand auch auf meiner Liste, aber Deine Version, lieber Georg, ist einfach alternativlos. Mit diebischem Vergnügen gelesen, Gruß Cornelius P.S. Weihst Dein Leben Du dem Neptun, kannst Du gar nichts gegen Nepp tun...
  9. Cornelius

    Bananenschalen-Blues

    Gehe ich am Rhein spazieren, sehe ich: Den Pfad garnieren gelbe Schalen, braun gefleckt, die man leicht zu spät entdeckt. Sonst sie wohl das Amt erfüllen, eine Südfrucht einzuhüllen, welche viele heiß begehren und mit Hochgenuss verzehren. Wild entsorgt von Geisteszwergen leider die Gefahr sie bergen, beim gedankentiefen Schreiten schwungvoll darauf auszugleiten. Beinah wärs auch mir geschehen, hätt' ich mich nicht vorgesehen, anders meinen Schritt gesetzt und zum Glück mich nicht verletzt. Wie sie täglich sich vermehren, kann ich mir nicht recht erklären. Wandelt etwa ein Phantom nächtlich an des Rheines Strom? Oder fielen die Bananen wundersam von den Platanen? Sicher ist nur eines hier: Das ist nicht mehr mein Revier. Soll ich nun die Häute sammeln, die da in der Sonne gammeln, und sie heimlich kompostieren, einem Zweck sie zuzuführen? Oder lasse ich sie liegen und den blinden Zufall siegen? Bricht sich jemand hier die Knochen, bin ich's nicht, der dies verbrochen. Doch ich werde mich entscheiden, künftig diesen Weg zu meiden. Einerseits zwar ist es schade um die schöne Promenade, andrerseits - und dies steht fest: Besser man den Pfad verlässt, welcher, solcherart verziert, uns ins Ungewisse führt...
  10. Cornelius

    Flower of Kent

    Vorm Apfelbaum im Gartennest sitzt einsam Mister Newton. Die Stare lärmen im Geäst, dass ihm die Ohren bluten. Er möchte dem Naturgesetz ein wenig nachsinnieren, da stört empfindlich das Geschwätz von diesen Federtieren. Er stößt den Gehstock ins Gezweig, ruft zornerfüllt beim Rütteln: "Du böse Teufelsbande, schweig!" Da löst sich auf sein Schütteln ein Apfel bei der Vögel Flucht. Mit ihm, da fällt der Groschen. Beim Anblick dieser goldnen Frucht ist alle Wut erloschen. Er ist erwacht wie aus dem Traum, schreibt in sein Memorandum: "Der Apfel fällt nicht weit vom Baum. Quod erat demonstrandum." (Anmerkung: "Flower of Kent" lautete der Überlieferung nach der Name der Apfelsorte, die in Newtons Garten gedieh.)
  11. Cornelius

    Unbestechlich

    Ein Mensch sitzt unterm Lindenbaum. Um ihn versinken Zeit und Raum. Er ist vertieft ins Zeitungslesen. Da schwebt ein leicht geflügelt Wesen an ihn heran. Er achtet's nicht, wie ihn ein kleiner Stachel sticht. Die durstige Anopheles trifft zielgenau in sein Gesäß. Wohl erst nach einer halben Stunde bemerkt er die empfangne Wunde, will sie mit Salbe rasch betupfen. Zwei Tage später hat er Schnupfen. Er wird vom Fieberfrost geschüttelt, vom Husten heftig durchgerüttelt. Als er nach Wochenfrist genesen, kann ruhig er wieder Zeitung lesen. Er macht fortan sich's zum Gesetz, stets in ein fein geknüpftes Netz die Parkbank und sich selbst zu hüllen, um die Maxime zu erfüllen, dass sommers niemals ungeschützt man lesend unter Linden sitzt. Das Beispiel wird bald imitiert. In jenen Sommerwochen ziert ein Netz von Netzen die Alleen. Beim Baden, beim Spazierengehen trägt jeder, der was auf sich hält, bei sich sein schützend Mückenzelt. Man streckt nicht einmal mehr die Nase ganz ohne Deckung aus der Gaze. Als dann die goldnen Äpfel reifen, wird's Zeit, die Hüllen abzustreifen. Man kann nach endlos langen Tagen sich unbenetzt nach draußen wagen, denn auf die sommerliche Schwüle folgt nun des Herbstes linde Kühle. Doch schon im nächsten Sommer drohen uns wieder neue Neozoen, und jene Mücken, die wir kannten, sind unversehens Elefanten...
  12. Liebe Claudi, Danke für den herzlichen Empfang hier im Forum! Ich habe tatsächlich geschwankt, ob ich "Oesophagus" oder "Speiseröhre" schreiben soll, und bei der Entscheidung nicht bedacht, dass der Oesophagus korrekt auf der zweiten Silbe betont wird, was freilich nicht ins gewählte Metrum passt. Ziehe jetzt doch die "Speiseröhre" vor. Kann ich das selbst ändern oder würdest du das für mich übernehmen? Lieber Joshua Coan, freue mich auch über deinen Kommentar. Natürlich möchte ich niemandem den Appetit verderben, verspeise selbst gerne Pizza mit Oliven... Schönen Samstagabend (in der Pizzeria?) wünscht Cornelius
  13. An den Hängen der Abruzzen hingen ohne großen Nutzen, freilich auch zu niemands Schaden - dies bedenke Euer Gnaden - wir vereint an unserm Baum. Damals ahnten wir es kaum, dass man würde uns berücken und uns von den Zweigen pflücken. Eine unbekannte Hand riss uns aus dem Heimatland, hat uns erst die Haut entfernt und gefühllos dann entkernt. Eine flache Rührteigscheibe ist nun unsre letzte Bleibe, wo wir zwischen Formfleischschinken im Tomatenmark versinken. Um uns her brennt schon die Luft in der heißen Ofengruft. Bald durch eines Gastes Mund gleiten wir in seinen Schlund, müssen eine nach der andern durch die Speiseröhre wandern, lassen uns in seinem Magen wehrlos dann zu Grabe tragen. Solltest dieser Gast du sein, horche in dein Herz hinein, ob du uns dies antun willst, wenn du deinen Hunger stillst. Wie du dich nun auch entscheidest, ob du's tun willst oder meidest - wir am Ende hier vom Lied wünschen guten Appetit!
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