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Cornelius

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Alle erstellten Inhalte von Cornelius

  1. Cornelius

    Absaloms Tod

    Tief im Wald, fern jedes Steges, geht ein Maultier seines Weges. In der Bäume grünem Dämmern tönt nur eines Spechtes Hämmern. Sinnend reitet Absalom, wohlgestalt, doch nicht sehr fromm, der den Vater wenig ehrte, ihm sogar den Krieg erklärte, denn es strebt der Königssohn selbst nach seines Vaters Thron. Üppig fällt die Lockenmähne fast bis zur Achillessehne. Es wär Zeit, dass man sie schert, da sie sehr sein Haupt beschwert, mehr noch, als für ihn gesund. Vier und noch ein halbes Pfund bringt die Haarpracht dieser Tage auf die königliche Waage. Während ruhig sein Maultier schreitet, fühlt er, der so einsam reitet, von den Zweigen einer alten Eiche sich zurückgehalten, als sich seine schönen, langen Locken im Geäst verfangen. Langsam zieht das Maultier weiter, achtet nicht auf seinen Reiter. Ohne dass es dies begreift, hat es ihn schon abgestreift. Schwebend hält ihn das Geäst zwischen Erd und Himmel fest. Wie er so, im Lauf gehemmt, in des Baumes Armen klemmt, muss er den Gedanken fassen: "Wird man mich so hängen lassen? Bin ich schon zum Tod erkoren oder bleib ich ungeschoren?" Plötzlich scheint es ihm, als seh er dort im Zwielicht einen Späher. Da erscheint mit einem Mal König Davids General mit dem Hüfthorn an der Flanke und drei Spießen in der Pranke. "Schuft, von meinen eignen Händen sollst du hier als Schaschlik enden!" Dieses sind die letzten Worte, welche an des Todes Pforte in des Prinzen Ohren klingen, als die Spieße ihn durchdringen. Man beerdigt auf die Schnelle ihn im Wald an Ort und Stelle. Friedvoll ruht nun seine Leiche an dem Fuß der alten Eiche. Joab lässt sein Horn erschallen, um es zu verkünden allen: "Israel, der Sieg ist mein!" Dann wirds wieder still im Hain. In der Bäume grünem Dämmern tönt nur eines Spechtes Hämmern.
  2. Danke, ihr Lieben, für eure Kommentare, die mich sehr erfreuen - und mich hoffentlich nicht die Bodenhaftung verlieren lassen... Danke, liebe Sofakatze, für den Hinweis, dass der Bücherwurm zwei Buchstaben verschluckt hat. Ich habe gleich zwei neue aus meiner Buchstabensuppe gefischt und sie hier eingefügt. Lieber Holger, dein Lob macht mich ganz verlegen. Möchte dafür einfach Danke sagen. Ja, insgeheim träume ich von einer Buchveröffentlichung, weiß aber nicht, wie ich mir diesen Traum erfüllen soll, der natürlich auch sehr leicht zerplatzen kann. Ich freue mich sehr, hier in diesem Forum einige Leser zu finden und mich mit ihnen austauschen zu dürfen. Ob ich wirklich Spitzwegs Gedanken beschrieben habe, liebe Monolith, das könnte nur der Maler selbst bestätigen. Das Bild legt freilich die Interpretation nahe, die ich versucht habe einfließen zu lassen, es lässt aber auch viel Raum für Spekulationen. Euch und natürlich auch allen weiteren Likern einen schönen Abend! Gruß Cornelius
  3. Cornelius

    im flugzeug

    Hallo Sofakatze, da präsentierst du uns ein richtiges kleines Juwel, in dem jede Zeile einen funkelnden Lichtstrahl auf Situationen wirft, die jeder kennt - ob sie sich nun zehntausend Meter über dem Boden abspielen oder zu ebener Erde. Bin gerne mitgeflogen. Luftige Grüße Cornelius
  4. Cornelius

    Der Bücherwurm

    Nach dem gleichnamigen Gemälde von Carl Spitzweg Zum Abend will der Tag sich neigen. Des Zimmers Nordwand zu ersteigen, vertraut ein Bücherfreund dem Möbel, das ihn emporhebt aus dem Pöbel. In lichter Höhe vor den steilen Regalen mag er gern verweilen, genießt bis nächtens um halb Vier das leise Rascheln von Papier. Der Welt und ihren tausend Tücken kehrt lesend er getrost den Rücken, um tief in den verstaubten Schinken mit seiner Nase zu versinken. Er steht auf seiner langen Leiter und blättert eifrig immer weiter. Spinoza, Fichte, Hegel, Kant - er wiegt sie sinnend in der Hand. Nein, heute keine Philosophen - ihm steht der Sinn nach schlichten Strophen, nach Versen, wie in Erz gegossen, wie er sie stets mit Herz genossen. Man ist auch einsam nie alleine mit Goethe, Eichendorff und Heine. Die laute Welt um ihn wird stiller, taucht ein er in ein Werk von Schiller. Auch der Roman des Herrn Cervantes enthält Bizarres und Bekanntes. Man lernt aus ihm in einem fort: Die Welt ist ein skurriler Ort. Jedoch in allen Lebenslagen, da hilft es, Shakespeare aufzuschlagen, der hier auf dieser Welt der Affen nächst Gott am meisten hat erschaffen. So ist in dieser Bücher Staben manch unentdeckter Schatz vergraben. Beim Schmökern täglich neu ihn heben: Das ist der Sinn in seinem Leben.
  5. Guten Morgen MacMike... ...und herzlich willkommen in unserer Mitte! Sehr schön und flüssig erzählt, mit vielen treffend und liebevoll ironisch geschilderten Details. Dass man auf halbem Wege die Pointe schon vorausahnt, schadet hier gar nicht - es bleibt trotzdem spannend, ob die Geschichte sich am Schluss wirklich so auflöst wie erhofft. Einen schönen Sprung in den neuen Tag wünscht Cornelius
  6. Guten Abend Darkjuls, kurz und knackig. Im Tierreich gibt es keinen Sündenfall... Man kann es natürlich auch als Metapher lesen. Welche Interpretation wäre dir lieber? Gruß Cornelius
  7. Guten Abend, Melda-Sabine, zunächst habe ich auch wie mein Vorredner gedacht: Das ist mal wieder eine - freilich brillant gereimte - Lachparade, wie du sie uns zur täglichen Zwerchfellmassage offerierst. Aber zum Schluss rundest du das Ganze ja mit einem ernsthaften Fazit ab, das ich gerne unterschreibe. Wieder mal ein gelungenes Werk von dir. Dankeschön! Gruß Cornelius
  8. Cornelius

    Herbstregen

    Guten Abend Windo, wunderbar. Ein an herbstlichen Grautönen reiches Panorama, das sich da vor deinem Fenster entfaltet. Ich kann jede Zeile nachfühlen, von Anfang bis Ende. Gruß Cornelius
  9. Kurzer Nachtrag: Man möchte gerne sich bequemen, dein Opus wörtlich gar zu nehmen, doch kann es wohl (das fiel mir ein) vielleicht eine Mähtapher sein? Gruß Cornelius
  10. Danke, lieber Herbert, für diesen wunderbaren Kommentar. Freilich muss ich hier noch eine Entwarnung geben: Der Forscher hat sich geirrt. Er hat den Morpho rhetenor mitnichten im Alleingang ausgerottet. Der Falter flattert noch heute durch die Regenwälder Südamerikas (ich durfte ihm selbst im Yasuní-Nationalpark in Ecuador mehrmals begegnen) und sein Bestand wird als "nicht gefährdet" eingestuft. Zumindest nicht akut - aber über jeder Tier- und Pflanzenart, auch den jetzt noch häufigen, schwebt das Damoklesschwert des drohenden Habitatverlustes. Danke, dass du mich auf dem Dschungelpfad begleitet hast! Gruß Cornelius
  11. Lieber Ralf, mal wieder ein krähativer Start in den Tag. Dankeschön! Es kräht das eitle Sängerlein: "Mein Auftritt sollte länger sein!" P. S. Doch deiner Verse knappe Kürze gibt dem Gedicht die rechte Würze.
  12. Cornelius

    Morpho rhetenor

    Zu Zeiten der Jahrhundertwende an unsres Globus linkem Ende (genau gesagt: Um 1900, nur falls sich jemand drüber wundert) sind zwischen beiden Wendekreisen, wohin nur selten Leute reisen, noch immer viele weiße Flecken. Noch ist sehr Vieles zu entdecken. Dort wandelt wie auf schmalem Grat auf dämmerschwülem Dschungelpfad voll Neugier ein Insektenforscher. Sein Wanderstab wird stündlich morscher. Er dringt mit der Machete vor im Regenwald von Ecuador, durch giftig blühende Lianen sich mühsam einen Weg zu bahnen. Verfolgt von schrillen Vogelrufen, durchdenkt er seines Lebens Stufen. An diesem schicksalhaften Tage erwacht in ihm die bange Frage: Entstand durchs Walten der Ananke in seinem Hirn der Schnapsgedanke, statt in der Heimat unter Buchen nach Faltern grade hier zu suchen? Hier sind Moskitos, Jaguare. Die Pfeile tränkt man mit Curare, und wird die Sache ganz misslingen, kann eine Boa ihn umschlingen. "Deshalb", so denkt er, "lieber Viktor, sei auf der Hut vor der Constrictor! Was dich so zauberisch verlockte, dass dir das Herz im Busen stockte, dich hinterm Ofen trieb hervor, das ist der Morpho rhetenor. So nennt des Fachgelehrten Bibel, die kleine Tropenfalterfibel, ein Wesen, das, dort abgemalt, im reinsten Himmelsblau erstrahlt - so eines der Naturjuwelen, für die sich Forscher gerne quälen. Auch jener Zunftgenosse leidet an Dingen, die man gerne meidet, ist auch schon leicht vom Fieber kränklich. Die Unternehmung wird bedenklich. Der letzte Rest von Hoffnung schrumpft, auf Pfaden, die schon sehr versumpft, ans Ziel noch glücklich zu gelangen: Ein solches Exemplar zu fangen. Wo hell der Pihas Schreie gellen, sind schlüpfrig oft des Weges Stellen. Auf einer ist er jetzt inmitten der grünen Hölle ausgeglitten. Doch gleich erhebt er sich vom Boden. Nur leicht verrutscht sind seine Hoden. Kaum ist die Sache korrigiert, als unserm Helden dies passiert: Er sieht den Himmelsfalter flattern und springt, ihn eilig zu ergattern. Schon hält er sicher ihn im Kescher: "Du bist mir ja vielleicht ein Fescher!" So kehrt er voller Jägerglück vergnügt in seine Welt zurück. Der Fang, in Chloroform getränkt, wird einem Institut geschenkt und dessen Sammlung einverleibt, wo nun er unter Glas verbleibt, auf eine Nadel aufgespießt, dass seine Pracht man recht genießt. Der Fänger hat in Mußestunden schon bald danach herausgefunden: Der Falter konnte als sehr selten, ja fast als ausgestorben gelten. Nach tiefer gehenden Recherchen und eiligen Erkundungsmärschen blieb ihm die Einsicht nicht erspart: Es war der letzte seiner Art.
  13. Feuer! Wasser!! Diese Schlusspointe hatte ich nicht kommen sehen... Nun bin ich gespannt auf eine Geschichte mit dem Teufel und seiner Großmutter... Gruß Cornelius
  14. Guten Abend Peter, selbstverständlich liebe ich die deutsche Sprache (ich hoffe, das merkt man meinem Gedicht auch an). Natürlich hat jede Sprache ihre Eigenheiten und ihre besonderen Stärken - und jede Sprache "tickt" auf ihre ganz eigene Weise. Es gibt ganze Studiengänge und Regalkilometer von Büchern darüber, wie eine Sprache das Denken ihrer Sprecher beeinflusst und umgekehrt. Wenn eine gute Fee mir einen Wünsch erfüllen wollte, würde ich mir wünschen: Alle Sprachen dieser Welt auf muttersprachlichem Niveau zu beherrschen. Gruß Cornelius
  15. Liebe Melda-Sabine, deine flotten Paarreim-Paraden bringen mich immer wieder zum Schmunzeln, aber bei diesem Gedicht habe ich ein Päckchen Taschentücher für meine Lachtränen verbraucht. Hier glitzert jede Strophe wie Lametta. Das "Konvolut" verdient als besonders feine Wortwahl vermerkt zu werden. Vorweihnachtliche Grüße Cornelius P. S. Freue mich schon auf ein Silvester- und Ostergedicht von dir...zu gegebener Zeit... P. P. S. Und danke für das verführerische Stollenrezept, darf ich es an meine Lieblingstante weiterleiten?
  16. Lieber Herbert, Du lieferst den Beweis, dass lohnende Ideen für Gedichte nicht nur in der Luft oder auf der Straße liegen, sondern auch im Kleiderschrank. Man muss nur etwas aus ihnen zu machen wissen. Was mich besonders beeindruckt: Dein Gedicht ist ein lyrisches Chamäleon, das sowohl heiter besinnlich als auch melancholisch wirken kann. Eine schöne Sonntagslektüre. Gruß Cornelius
  17. Cornelius

    Novembernacht

    Lieber Carolus, Danke für Deine Antwort. Dank Deiner Argumentation kann ich Deine Entscheidung für "eine" Mondscheibe durchaus nachvollziehen. Der Betrachter (das LI) kann durchaus den Eindruck gehabt haben, für einen flüchtigen Augenblick "eine" Mondscheibe zwischen den Wolken hervorleuchten zu sehen. So betrachtet, passt es sehr gut zur Stimmung des Gedichtes. Und, ja: Gerade in der Lyrik darf man auch mal von den ausgetretenen Pfaden sprachlicher Konventionen abweichen, wenn es inhaltlich gerechtfertigt ist... Ich liebe den Gedankenaustausch über Fragen und Einzelheiten wie diese - und ich liebe es, beim Lesen wie beim Schreiben jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Sollen poesielose Zeitgenossen das ruhig "Erbsenzählen" nennen... 😉 Gruß Cornelius
  18. Cornelius

    Grenzen der Sprache

    Dank an Ponorist, dessen Gedicht "Ein Leut" die Anregung gegeben hat... Es sitzt allein auf freiem Feld am Rande seiner kleinen Welt ein Wandersmann, rechtschaffen müde, in selbstgewählter Solitüde, schaut auf zum Himmel über Herne und zählt versonnen ein paar Sterne. Er grübelt: "Wieder traf ich heute auf meinen Wegen viele Leute. Nun weile ich hier ganz allein, doch nur 'ein Leut' kann niemand sein. Es fragt sich, selbst wer Leute liebt, warum sie's nur im Plural gibt. Nun bin ich satt, dank Dosenwurst. Ein Weißbier löschte meinen Durst. Für dies Gefühl ein Wort zu haben, muss tief ich in der Truhe graben, die mir die Muttersprache schenkte und in mein weiches Hirn versenkte. Gar emsig wühle ich im Schrein nach Worten für 'nicht durstig sein', doch meine Suche bleibt vergeblich. Die Sache scheint nicht unerheblich. Hier fehlt empfindlich die Vokabel, die mundgerecht für meinen Schnabel. Warum die Sprache just versagt, wenn uns kein Durstgefühl mehr plagt? Und wer erklärt mir messerscharf, warum ich existieren darf - man sage es mir klipp und klar - niemals als 'Leut' im Singular? Durchlitten Schiller oder Goethe beim Schreiben jemals solche Nöte? Wer hat sie überhaupt erfunden, die deutsche Sprache, oft geschunden? Man kann den Kommentar sich sparen, wenn wir's am Ende selber waren."
  19. Cornelius

    Novembernacht

    Möchte mich Tobuma gerne wortwörtlich anschließen. Eine kleine Anmerkung hätte ich aber: Bei "Eine Mondscheibe gleitet vorüber" stolpere ich etwas über das Wort "eine". Das klingt, als gebe es mehrere Mondscheiben, die vom Standpunkt eines irdischen Betrachters aus gesehen werden könnten. Für mein Empfinden müsste es "Die Mondscheibe gleitet vorüber" heißen. Oder "Die Scheibe des Mondes gleitet vorüber". Jedenfalls mit dem bestimmten statt dem unbestimmten Artikel. Beim Gedanken an mehrere Mondscheiben, die im Reigen am Nachthimmel vorüberziehen, muss ich unwillkürlich schmunzeln, was die ergreifende Stimmung des poetischen Mikrokosmos, den du hier heraufbeschwörst, ein wenig beeinträchtigt. Gerade weil das Gedicht im Übrigen so gelungen ist. Bitte nimm das nicht als Kritik, nur als Gedanken eines bewundernden Lesers. Gruß Cornelius
  20. Guten Abend ihr Lieben, es ist wohl an der Zeit, auch einmal die ernste Seite dieses Themas etwas näher zu beleuchten. Leider muss ich dafür die feucht-fröhliche Stimmung ein wenig dämpfen: Captain Iglos letzte Fahrt Das Wasser braust, das Wasser zischt. Zum Himmel spritzt die weiße Gischt. Doch weiter unten herrscht im Meere nun eine ungewohnte Leere. Es stürzten sich zu viele Jäger auf die begehrten Kiementräger. Jetzt gelten strenge Fischfangquoten vor Aleuten und Lofoten. Ein Dampfer pflügt durch blaue Wogen, macht um die Inseln einen Bogen. Allein, gestützt auf eine Krücke, steht Captain Iglo auf der Brücke. Im Ohre pfeift der Wind so schaurig. Sein altes Seemannsherz ist traurig. Einst fischte er als Kindernahrung nur Fische mit Berufserfahrung, die wahrlich zum Genusse nützten und auch vor mancher Krankheit schützten. Gern war er Tag und Nacht auf Achse für echte, edle Profilachse. Der alte Pott wird bald verschrottet, die Netze werden eingemottet. Ein Schwarm von Stinten will entfliehen, man kann sie rasch an Bord noch ziehen. Die Fischfangschiffssirene tutet. Der rote Abendhimmel blutet. Das Wasser braust, das Wasser zischt. Der Ozean ist leergefischt.
  21. Das ist ja himmlisch. Fischstäbchenschwärme...wässrige Weiden...ambergleich riechende Omegasäuren... Ein superbes Lesevergnügen. Gruß Cornelius P. S.: Man sollte es vertonen und von einem Shanty-Chor einsingen lassen...
  22. Cornelius

    Novemberhimmel

    Der Herbst liegt in den letzten Zügen, der matte Schein kann nicht mehr trügen. Ich steh gebückt am Gartenteich, um hier in meinem kleinen Reich den letzten Löwenzahn zu jäten. Da tönt vom Himmel ein Trompeten, ein Bronzeklang, metallen knarrend. Ich frage mich, gebannt verharrend auf meinem frisch gemähten Rasen: Wird heute zum Gericht geblasen? Soll diese Sinfonie verkünden der Welt das Ende ihrer Sünden? Schon irrt am Firmament mein Blick, versteift sich schmerzend das Genick. Durch schmutzig graue Wolken bricht ein Strahl von bernsteingelbem Licht. Verdeckt wird jener Riss am Himmel sogleich von schwärzlichem Gewimmel. Ich atme auf: Ein Fehlalarm. Dort ziehen Kraniche im Schwarm. Zum Keil formiert (die Spitze hängend), in wärmere Gefilde drängend, so reisen sie auf nimmermüden, erprobten Schwingen gegen Süden. Bald wird gedämpfter ihr Geschrei, der Äther wieder stumpf wie Blei. Der Quell des Lichts ist ausgeflossen, der Wolkenmantel dicht geschlossen. Den hellen Spalt hat, kaum erspäht, der Wind schon wieder zugenäht. Von ferne trägt er an mein Ohr der stolzen Himmelsboten Chor, verklingend wie Gesang der Engel. Des Löwenzahnes letzten Stängel, den ich soeben angesehen - ich geh ins Haus und lass ihn stehen.
  23. Ein A-tee-ist wird auch durch Drogen auf keinen Fall zum Tee-o-logen. Koffeinhaltige Grüße Cornelius
  24. Cornelius

    Beflügelt

    Wunderbar. Jeder Vers ein Treffer mitten ins Herz, wie das ganze Gedicht. Schönen Abend wünscht Cornelius
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