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  1. Ich habe ein Verbrechen begangen Meine Hände samtig rote Flüssigkeit getaucht. Meine Lippen verschmiert mit ihrer Lebensessenz. Blutige Handabdrücke auf ihrem Hals Ihr ganzer Körper bewusstlos Während ihre Atmung ruht. Verzeih, ich schuf ein solch grauenvollen Anblick Ich beteuere, ich handelte aus den Instinkten meiner Natur Meine Gier musste gestillt werden. Schuldgefühle, meine treuesten Begleiter Sie werden nie von meiner Seite weichen So wie ich niemals aufhören kann.
  2. Kunstersatz

    Desdemona

    In einer sturmumtosten Nacht, bot sich meinem sterblich’ Blick, ein Schauspiel solcher Pracht, gar göttliches Geschick; Saß auf einer Klippe droben, ihr Leib aus Nacht und Finsternis, Haar aus Sternenlicht gewoben, die Stimme süße Bitternis; Trug ihr Leid dem Monde dar, solch Klang noch nie vernommen, den sie schaudernd dort gebar, als sei ihr alles Glück genommen; Zitternd schritt ich her zu ihr, sie schien so zart und so verletzlich, doch als der Blick sich hob zu mir, war sie eisern und entsetzlich; Schrecken ergriff mein Herz, Lippen weich und Schierlingsbitter, aus Krallen blühte heißer Schmerz, ihre Zunge sengender Splitter; So fiel ich auf den kalten Stein, alt und leer und ausgezehrt, ließ mich die finstre’ Maid allein, starb glücklich, dass ich sie genährt;
  3. Die schwarze Kirche Die Abendsonne funkelte rötliche Liebespfeile durch die gotisch floralen Fensterdome, deren Schattenmorellenfarben nackte Elfen und Seerosen in verzückten Glasmalereien offenbarten. Die Stuckfenster und Bögen verliehen dem kleinen Saal etwas feierliches und der kleine Springbrunnen mit Rotwein erwartete aus dem Munde einer Muse den erquikenden Kuss berauschender Sinne. Der wahre Kirchenhort öffnete sein Paradies um Mitternacht und herein strömten Freunde, Gleichgesinnte, Künstler, Visionäre, Heiden, Outsider und weiß der Teufel wer. Mädchen mit schwarzen Lippen, milchreiner Haut und glühenden Augen, lächelten ins blühende Blumenlicht dicker Kerzenstatuen. Die Seitenschiffe der einst leerstehenden Kirche waren komplett zu Liebessälen verwandelt. Blumen in allen Farben blühten einmalig unter den Tritten der Gäste, welche sich in mit Rosenwasser gefüllten Marmorwannen ihrem Vergnügen hingaben. Die Bedienung trug zierliche Schmetterlingsmasken und durfte mit ihnen tun, was sie wollte, solange es aus freiem Willen geschah. Gelage umkränzte die schweren Kerzenhalter und von elbenverschlungenen Schlussteinen rankten aus Dornen gesponnene Rosenkranzleuchter herab, zu dem schüchtern erröteten Ambiente der Sprudel- und Weihrauchbecken. Wir hatten die Ordnung der Gebetsbänke zum Knien beibehalten und man konnte mit samtenen Gehängen unter sich bleiben. Das Hintergrundgeräusch leise kichernder und seufzender Stimmen wirkte anregend, wie das dezente Klingen der Kristallpokale oder das nasse Lustgefühl sich begegnender, liebesdurstiger Leiber. Aus den Wänden beugten sich verzückte Engel, die aus offenen Herzen rötliche Wasserstrahlen bluteten, durchsetzt mit Blumenblüten... Für hingebungsvolle Gäste, die nicht bloß an den Seitentischen zusehen wollten, sondern sich in eines jener Muschelbecken zurückziehen gedachten. Das linke Seitenschiff umfasste zur Hälfte einen Tanzsaal mit schwarzen Spiegeln und kleinen Alkoven, zum kennenlernen, mit Netzzugang zu der Privatbibliothek des Hauses, wo auch Werke unter Vertrauenspasswörtern einsichtig wurden, die keine Suchmaschine ihren verzweifelt Suchenden gönnte. Der vordere Bereich des Seitenschiffs barg Räume für besinnliche Gemüter, im Muscheldesign, bekleidet mit römischen Liegestühlen, umflossen von schwimmenden Früchteinseln und Erfrischungen. Die vierte Dimension des unteren Gewölbes, welches über den Kellertreppen erreichbar war, verschloss sich menschlichen Sinnen und wir arbeiteten noch daran... in den Tiefen, den Wesen der ewigen Metamorphose alles zu bieten, was ihre kosmische Genese beschleunigen mochte. - Teil II - Der Hauptsaal des Kirchenschiffes wurde durch eine gesandstrahlte Eiskrone gekrönt, ein Meisterwerk moderner Glaskunst. Teilweise schien sie gefroren und kühl anzulaufen, wie Eisflammen, die durch unsichtbaren Zauber der Zeit und ihrem zügellosen Verfall widerstanden. Mächtige Dome ragten durchsichtig in die dunklen Schatten der Schmetterlingskuppel. Ich selbst nannte das Hauptkirchenschiff Schmetterlingssaal, weil es wirklich die Schmetterlinge in unserem Wesen tanzen ließ. Der tiefe Bass der Musik trieb mit einem irrwitzigen Stoß rotes Kunstblut durch vier Glasdome nach oben. Altäre offenbarten seitwärts Tänzerinnen auf Engelpodesten. Chojin kam die Tische entlang und flüsterte mir etwas ins Ohr: „Die Scanner unserer Bastler zahlen sich aus..." „Mit Sicherheit fundamentalistischer Geheimdienst", flüsterte er. „Sie tragen Mikrokameras und Aufnahmegeräte und sogar Life-Sender mit sich herum. Soll ich die Störfunktion wirksam machen?" „Nein, nicht nötig! - Setzt sie sofort in eine VIP-Lounge", flüsterte ich. „Nahe zur Krone der zwei bleichen Schwestern." Seine Blicke flogen träumerisch kurz zu dem strahlenden Rubinschauspiel der Bühne. - „Ja, es ist schon ein Fluch, das du alles haben kannst, wenn du zu anziehend bist und darum niemandem mehr trauen vermagst..." „Sieh mal, mit welchen Augen die sich hier umblicken." „Als wäre dies ein Raumschiff und wie unwohl und steif sie ihre Kasematten-Klamotten tragen!" - „Was sollen denn diese protzig verkehrten Kreuze bis zum Bauchnabel?" „Dabei sollten die Augen deiner Feinde die schärfsten und ehrlichsten sein..." Schließlich kam "Snowflake" an unsere Tafel und ihre traurigen Augen funkelten wie seltsame Eisflocken durch die Reflexe der Bühne. - „Ich liebe die Magie welche Transzendenz zeugt, zwischen Realität, Geist und Phantasie", haucht sie und zwinkerte einem der Gäste dabei zu. „Eben träumte ich noch von weißen Stuten, die ich entlang einer gischtgepeitschten Küste entlangritt und das Meer grollte, welches unsere geliebte Insel vor Entweihung verbarg." - „Du bist der Liebling unserer lichterfüllten Ahnen! Gibt es denn nichts mehr, was dir reine Freude bereitet?" - „Du weißt ganz genau, was mir schiere Freude bereitet! Das selbstvergessene Tanzen, mein Lieber, das Schwingen der Seele!" „Ich begebe mich mal zu unseren Glaubensbrüdern", seufzte sie. Sie schaffte es relativ schnell, eine angeregte Diskussion dort zu entfachen. Später kam ihre Schwester hinzu und setzte sich in den Schatten hinter ihrem fast nacken Rücken. Eben ging es um die Frage, ob Erfolg glücklich mache, wenn dadurch erst andere unglücklich gemacht werden müssten. „Ich finde, Konkurrenz belebt das Geschäft", mischte sich ein junger Yuppie ein, der schon lange "Snowflake" mit den Augen verschlang. „Ich frage mich, ob es wahre Konkurrenz bei all den Lobbys und Absprachen und verteilten Rechten überhaupt noch wirklich gibt?" - „Es wird immer eine hierarchische Pyramide geben. Was gut ist und gerecht, entscheiden immer die Gewinner!" - „Ich nehme mal stark an, du gehörst dazu..." - „Wenn ich dich heute Abend die Pyramide emporsteigen ließe, wäre dies mein erfolgreicher Höhepunkt, Baby..." - „Hast du dir jemals vorgestellt, das all diese Menschen bloß wegen ihrer Seele hier auf Erden so dermaßen gut gedeihen?" - „Seltsame Frage... Also, ich glaube nicht an eine eigensinnige Seele. Eher an Beweise durch materielle Vernunft." - „Nun, an die eigene Seele muss man gar nicht glauben. Man muss sie sich nur bewusst werden lassen..." - „Sieh da, mit dem umgedrehten Kreuz über dem versteckten goldenen Kreuz unter ihrem Brokathemd!" „Könnten sie sich vorstellen, das Jesus damals seine Jünger sein Blut trinken ließ und in diesem Ritual von seinem Königreich als Seele sprach?" Die Männer wechselten kurze Blicke und meinten freundlich, das sie davon keine Kenntnis besäßen. - „Viele Gründer von Menschreligionen waren Bluttrinker. Womöglich legten sie Herden an, mit Hirten für den jüngsten Tag..." Der Yuppie wollte unbedingt ihre Aufmerksamkeit zurück... - „Alle Religionen verfolgen im Kern angeblich den einen göttlichen Traum. Steht sogar in Wikipedia! - „Hmja, dann muss es wohl zweifellos stimmen... Eher verfolgt man den alten Traum Roms, welches seine Macht durch das Wechseln eines Glaubenssystems vor dem Aussterben bewahrte." Einiges Wissen hatten sie von den Etruskern und später von den Griechen übernommen. Doch ihr Minderwertigkeitskomplex vor Kulturen, die Frauen die gleichen Rechte mit jener Unschuld zugestanden, die Männern vorbehalten blieb ließ selbiges nicht zu. Die Heilkunst entfremdeten sie von den Heiden, denn wer die Krankheit beherrscht, wird zweifellos zum einzigen Heilmittel... Doch die sagenhafte Insel der Etrusker wurde nicht gefunden." „Dies hätten deren Ahnen niemals zugelassen", fügte ihre Schwester hinzu. Die seltsamen Ausführungen könnten einer Wahnsinnigen entsprungen sein, doch ihr ernster Ausdruck ließ einen solchen Verdacht bei ihren Zuhörern nicht aufkommen. - „Das klingt ja abgefahren! Sag mal, spielst du Rollenspiele? Könnten wir uns mal im Netz treffen und du erzählst mir dann mehr von deinen hammergeilen Welten?" - „Lass uns lieber jetzt ein weniger harmloses Spielchen spielen, bevor dies ein theologischer Adventsabend wird." (Sie lächelte bezaubernd). „Gleich setzt hier jegliches Licht aus. Ich und meine Sis ziehen uns dabei nackt aus und dann werden wir dich abwechselnd reiten, bis du um Gnade bettelst. Ich will nur ein Ja oder ein Nein, Süßer." „Oh ja!" „Das waren zwei Worte, mein Lieber..." „JaJaJa!!!" © j.w.waldeck 2009 Where sad girls fly away...
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