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  1. Carolus

    Weihnacht, 1945 und 2024

    Weihnacht, 1945 und 2024 Totenstill, jene Heilige Nacht nach dem Großen Morden. Leben, Dorf und Wege im Griff eisiger Wintermacht. So fern der Stern von Betlehem. Vor Fenstern Dolche aus Eis, Frostblumen auf Scheiben. Der Kanonenofen raucht. Träume von Tellern mit Grießbrei. Wie Hungergefühle vertreiben? Brot, Brot hätten wir gebraucht. Zwischen drin das Weihnachtsmärchen. Ein Engel in die Stube gleitet, untern Baum Geschenke legt, himmlisches Glöckchenläuten, reines Kinderglück. Heute schrill die „Stille Nacht“. Märkte schwer bewacht. Was dort noch außer Glühwein, Plätzchen, Bier, Bratwürsten und Billigkram kaufen? Vielleicht ein vergessenes Märchen vom Christkind aus der Kinderzeit? ("Carolus" in "poeten.de" 23…12.2024)
  2. Stille Nacht 1945 Totenstill, jene Heilige Nacht nach dem Großen Morden. Leben, Dorf und Wege im Griff eisiger Wintermacht. So fern der Stern von Betlehem. Vor Fenstern Dolche aus Eis, Frostblumen auf Scheiben. Der Kanonenofen raucht. Träume von Tellern mit Grießbrei. Wie Hungergefühle vertreiben? Brot, Brot hätten wir gebraucht. Zwischen drin das Weihnachtsmärchen. Ein Engel in die Stube gleitet, untern Baum Geschenke legt, reines Kinderglück. Heute schrill die „Stille Nacht“. Märkte schwer bewacht. Was dort noch außer Glühwein, Plätzchen, Bier und Bratwurst kaufen? Vielleicht ein Weihnachtsmärchen aus der Kinderzeit? CHRISTMAS mit Kommerz, fett und laut. „Stille Nacht“ ist down and out.
  3. Carolus

    Nocturne

    Nocturne Regenwolken überm Land, Regen, Woche für Woche. Glockenschläge im Dunkeln. Wie viele? Knarrend öffnet sich die Türe. Ein Mann mit einer Kerze tritt ein in den menschenleeren Saal, nimmt Platz am Flügel. Schweigt. Nach einer Weile schlägt er klar und erschreckend seinen Grundton an, hält inne, horcht ihm nach, wartet, als ob er zurück kommen würde. Mit federleichtem Anschlag lockt er einzelne Töne aus ihrer Starre, formt, fügt sie zu Bildern der Seele, entlässt sie auf eine Reise in sein wildes Leben. Kaskaden aus Dur und Moll zerrinnen im Treibsand der eigenen Geschichte. Mitreißend erstellt er bildhafte Kostbarkeiten, interpretiert, färbt ein, unterlegt ihnen ungewohnte Melodien und Akkorde, lässt sie verklingen, steigert rasch mit schnellen Takten das Tempo. Tanzend wirbeln seine Finger federleicht über die Tastatur. Akkorde dunklen Molls peitscht er wie ein Besessener zur Spitze, um unmittelbar in zärtlichem Streicheln zu enden. Seine Klänge durchdringen mich, wühlen ungezähmte Emotionen auf: Schreie nach Liebe, Flüche nach dem Tod der Geliebten, Gotteslästerungen und dumpfe Klagen. Themenwechsel: Polonaise ist angesagt. Schritte bewusster Männlichkeit junger Offiziere: Der Stolz Polens gleitet über das Parkett, begleitet und beflügelt von erblühter Weiblichkeit. 1830 werden viele auf den Straßen Warschaus ihr Blut im Kampf gegen Horden russischer Willkür vergießen, die Polen nicht nur seinen Körper, sondern auch Herz und Seele stehlen und unter ihren Stiefeln zertreten wollen. Allmählich verstummt der Trauermarsch. Eine Weile nur Totenstille. An den Fenstern rüttelt der Wind. Chopin erhebt sich, nimmt das Kerzenlicht und verlässt den Saal, Draußen ein grauer, regennasser Tag .
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