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  1. WF Heiko Thiele

    Das Badekrokodil

    Es sitzt ein Knabe an Sambesis Fluten und sieht dem ganz natürlich Treiben zu. Noch ist es Zeit. Noch muß er sich nicht sputen. Ihn stört noch nichts in seiner kindlich Ruh. Er hatte unweit neben sich leer stehen ein Tongefäß in seines Landes Art. Weil man ihm auftrug, er sollt heute gehen nach Wasser, auf daß man ‘s für später spart. Und wie er so, total in sich versunken, den Heimweg Schritt für Schritt genau durchdenkt, tat unvermittelt in den Schatten tunken ein Fremder ihn; ihm etwas Kleingeld schenkt. Dann legt der ab, was ihn sonst noch bekleidet. Steht ohne da, wie Mutter ihn gebar. Der Knabe mahnt, was ihm das Bad verleidet: „Ein Krokodil ist drin dort. Ist das klar?“ „Ach was“, ertönt des Mannes dunkle Stimme und er setzt seinen Gang zum Bade fort. Doch kaum getaucht in Flusses nasser Rinne, wallt auf die Flut, als sei es glatter Mord. Und als dann still die glitzernd Oberfläche, erscheint der Mann, als wie wenn nichts gescheh’n. Hält nur verborgen seines Schrittes Zeche, auf daß man nicht die Männlichkeit kann seh’n. Dann setzt er sich hernieder bei den Sachen und schaut entrückt zum andren Ufer hin. Wahrscheinlich ist ihm derzeit nicht zum Lachen. Viel ernster scheint ihm Körper, Geist und Sinn. Die Zeit vergeht. Ein neuer Herr will baden. Auch er entfernt von sich, was er am Leibe trägt. „Ich würde es beileibe niemals wagen. Ein Krokodil dort drin sonst an dir sägt.“ Dies sagt der erste Mann mit hoher Stimme. Tut damit kund, daß ihm wohl dies geschah. Der Baß des zweiten Misters stolz: „Ich schwimme viel schneller. Keiner kommt mir je zu nah.“ Und wieder schäumt das Wasser zum Erbarmen. Jene am Ufer schauen schaudernd drein. Der Schwimmer kommt mit tief gekreuzten Armen erschöpft heraus und stimmt ins Schweigen ein. Der Tag verrinnt, die Sonne geht bald unter. Da kommt ein Kerl, kaum wert, daß man ihn kennt. Doch führt sein Weg ihn schnurstracks und auch munter direkt zum Ort, der Fluß und Ufer trennt. Selbst er hält es nicht länger aus im Hemde. Die Hosen weg - nun ist er Adam gleich. Es scheint, als käm er eben aus der Fremde und kennt wohl nur den heimatlichen Teich. „Ein Krokodil hält darin seine Wache“, warnt zweiter Taucher ihn mit grellem Ton. „Das macht mir nichts“, wägt ab die ernste Sache der kleine Mann und ist verschwunden schon. Zum dritten Mal wallt auf des Flußes Wasser und noch viel toller spritzt es an den Strand. Der kleine Junge wird von Mal zu Male blasser und bohrt die Nägel sich in seine Hand. Letztendlich hört das Wasser auf zu schäumen. Der schlanke Mann kommt schweigend selbst heraus. Die andern drei sind still, als ob sie träumen vom Harem in des Muselmannes Haus. Da wellt das Wasser auf. In hohem Bogen wirft es sich über jeden Stein und Stock. Dann kommt die Panzerechse arg gezogen, als hätte sie zum Morden wahrhaft Bock. Doch ehe noch die Menschen jetzt enteilen, ersucht mit hellem, klaren Zwitscherklang das Krokodil, man möchte doch verweilen: „Wer war der letzte, der ins Wasser sprang?“
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