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  1. ATLANTIS, Reich – geformt aus sieben Ringen von Tempelpracht, Kanälen und von Bäumen, durch die hindurch die Götterhymnen klingen –, ich wende mich Dir zu in meinen Träumen, damit gelöscht das Fieber, das mich peinigt, in Fluten wird, die Deine Mauern säumen! Sind wir sodann in Innigkeit vereinigt, spür‘ ich den Groll der tausend Wasser stürzen auf uns hinab: Vom sanften Quell gesteinigt! Ach, würde es das Leben mir verkürzen, so spränge ich gar willig in die Wellen, wenn weiterhin Sirenen mich bezirzen. Geehrte Stadt, hörst Du nicht ihren hellen Verlobungssang, der in den Tempelhallen ein Echo wirft mit lieblichen Appellen? Bald sind darob die Weihstätten verfallen. Das Wasser steigt und löscht die Fluchtgedanken der Priester aus, die sich an Götzen krallen. Vergeben sind die Sünden und die Kranken sogleich befreit von ihrem ärgsten Leiden, mit dem sie schon so lang durchs Dunkel wanken! Ist dies jedoch – sag, muss man sie beneiden? – Erlösung oder Glück in ihrem Leben? ...und wird an mir das Schicksal sich auch weiden? Es ist so heiß trotz eisig kalter Beben, die Wog‘ um Wog‘ die stärksten Wälle brechen. Am Meeresgrund wird es Genesung geben. Bloß nicht für mich! Dämonenstimmen sprechen den Bannfluch aus im Antlitz der Ruinen und wollen sich für alle Freuden rächen. Ich bin zu schwach! Und darum folg‘ ich ihnen zum weiten Feld, wo einst noch Häuser standen – an Bildern reich von springenden Delfinen, die nunmehr hier die neue Heimat fanden: Das Leben blüht im Angesicht des Todes, fern vom Gestad‘, an dem Tsunamis branden. Zum Himmel steigt ein letzter Hauch des Odes. Dann wird es still, da alle Menschen schweigen im Strahlenglanz des blassen Wintermondes. Ja, auch ich selbst – beweint von Engelreigen – vergehe bald im Schatten des Theaters und wollte doch hin zur Empore steigen! An diesem Ort, wo Statuen des Vaters der Götterschar aus feinster Bronze stehen, wär‘ mir dort kalt (am Rand des hohen Kraters)? O könnte ich von droben alles sehen, wofür Du, Stadt, so segenreich besungen, bevor wir zwei von strengem Sturmeswehen und Ozean mit Haut und Haar verschlungen? – Den Platz aus Gold, wo hundert Fahnen wehten? – Die Prachtallee des Heeres (unbezwungen)? Ein Fischschwarm schnellt anstatt eines Kometen nun durch die Nacht und in den Gräberhügeln liegt kein Gebein; es ruhen bloß noch Gräten. Nur ein Verlust kann mich nunmehr beflügeln – dem Tod geweiht –, dass ich zur Oberfläche entflieh‘, bevor mich die Dämonen prügeln: Damit ich nicht wie Deine Mauern breche, lass ich Dich los, Du Trugbild meiner Sinne, und fahre auf – mein Mut zwingt alle Schwäche! –, auf dass ich so dem Fiebertraum entrinne, entschwebe in die Ewigkeit der Ferne und ebendort die Seligkeit gewinne wie über mir das Licht der letzten Sterne!
  2. Goldhochzeit Die gold´ne Hochzeit ist was Feines, es droht nun nimmermehr was Kleines, das nach der Schwangerschaft laut plärrt und kreischend an den Nerven zerrt. Ne gold’ne Hochzeit, die ist schön, man kann Verwandte wiederseh´n, die dann an schön gedeckten Tafeln mit großer Gier gefräßig schwafeln. Verwandte, die sind gern dabei, denn das Buffet ist kostenfrei. Und wird das Tanzbein keck geschwungen, dann scheint die Feier sehr gelungen. Das Jubelpaar sitzt meist dazwischen an dekorierten Gasthaustischen. Man hält frenetisch schöne Reden, die, wenn sie lang sind, nichts für jeden. „Die Lotte und der Ottokar, die hocken nunmehr 50 Jahr‘ im trauten Heim ganz eng zusammen und überstanden manche Schrammen.“ Ein Satz, der ist vielleicht gelogen: „Sie haben sich niemals betrogen und haben niemals fremd geküsst“ (der Herrgott weiß, ob es so ist). Wir wollen dies auch nicht vertiefen, Gerüchte kann man nicht verbriefen. Man weiß nur, dass der Ottokar ein wirklich schlimmer Finger war. Und es verrät der Ottokar: „Ich weiß noch, wie es damals war, als ich mit eignen Hüftgelenken das Bein mir tat beim Twist verrenken. Selbst meine Jubelbraut, die Lotte, war früher eine kesse Motte, da hatte sie noch alle Zähne und eine rote Löwenmähne.“ Geknutscht, das haben beide gerne an schummeriger Gaslaterne. Statt Zungenkuss bei Licht aus Gas, ruh’n heut die Zähne nachts im Glas. Ganz ohne Zähne ist der Kuss mit leerem Mund kein Hochgenuss. Es gibt jetzt nur noch kleine Küsschen so ab und an noch auf das Schnüsschen. Sie sind jetzt alt und etwas faltig, auch beider Harndrang stört gewaltig. Doch wird die Scham hinweg gefegt, es werden Windeln eingelegt. Zum Aldi, für den Billigkauf, geht es nicht mehr per Dauerlauf. Drum haben sie sich aufgerafft und Rollatoren angeschafft. Zurück zur Feier. Es wird munter und auch die Stimmung kunterbunter. Der Pfarrer trinkt, wie an Silvester, bereits das 6. Gläschen Trester. Urenkel toben ums Buffet, der Pfarrer spricht von Glück und Weh, von guten und von schweren Zeiten, das Essen droht vom Tisch zu gleiten. Der Onkel Fritz schreit: „Tobet nicht! Nicht, dass der Tisch zusammenbricht!“ Schon sind die Schüsseln abgerutscht und über das Parkett geflutscht. Man kann das Missgeschick nicht fassen, doch scheint die Stimmung ausgelassen. Der Wirt hat schnell und höchst versiert noch eilends Curry-Wurst serviert. „Wir fahren...“, singt man als Kehraus, „…heut‘ mit der Straßenbahn nach Haus.“ Doch hat das Jubelpaar noch Bock und wünscht sich den Rollator-Rock. Die Gäste drum herum im Kreis, die klatschen sich die Hände heiß. Man ist sich einig, sei’s wie’s sei, sie sind auch nächstes Mal dabei,… …die Kinder, Neffen, Onkel, Tanten, dann wird die Hochzeit diamanten. "Wenn unser Herr ein Einseh’n hätt‘, dann bitte nicht am Pflegebett!" @Copyright Melda-Sabine Fischer – Näheres zu ihrem Autorenleben siehe Profil
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