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Hera Klit

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Alle erstellten Inhalte von Hera Klit

  1. Sag nicht, dass es damals nichts war, tu mir das doch bitte nicht an. Dass du gehen musstest, ertrug’ ich, glaub aber nicht, dass ichs mit Häme kann. Ich bin jetzt kurz in unserer Stadt und fürchte mich so sehr vor deinem Blick. Wird er etwas von Verachtung tragen, werden deine Augen stumm zu mir sagen, ich will alles, aber dich will ich niemals zurück? Keine Macht auf dieser Welt bringt dich zurück Du hattest Flügel und wolltest fliegen und ich war nur zum Laufen gemacht. Es gibt Menschen, die müssen siegen und andere wurden zum Dulden erdacht. Warum ängstigte deine Stärke mich so sehr, ich fürchte mich sogar jetzt fast noch mehr? Weil ich niemals mit dir Schritt halten kann, das fühlte ich vom ersten Anfang an und das ist es, was Liebe zur Hölle macht, dies ist die Qual, die das Feuer entfacht. Keine Macht auf dieser Welt bringt dich zurück Wir können jetzt nichts mehr daran ändern, keine Macht auf der Welt kann dies. Sollten wir auf der gleichen Straße schlendern. Dann erinner dich wenigstens, wie der Junge hieß. Keine Macht auf der Welt bringt dich zurück
  2. Die recht schmucklose Ferienwohnung hatte zwei Schlafzimmer, ein Wohn-Esszimmer mit einer kleinen Küchenzeile und freilich ein schlichtes Bad mit WC. Also, alles was man brauchte, für zwei Personen. Greif wollte vor dem Schlafengehen noch mal die Umgebung sondieren. Vorher schärfte er der Transe ein, nur ja im Haus zu bleiben. Aufsehen war jetzt das Unangebrachteste. Ein bosnischer Banker, der sich womöglich jeden Luxus kaufen konnte, musste sich mit solch einem Sohn herumschlagen, dachte Greif. Wenn Kinder alles haben und nicht die geringsten Probleme, dann fällt ihnen ganz bestimmt etwas ein, um ihr Leben und das Leben ihrer Alten zu komplizieren. Das waren für Greif nichts anderes als Wohlstandskrankheiten des Hirns. Aber er wollte die Situation nicht unnötig verschärfen, deswegen sagte er nichts zu dem Sohn, sondern er sagte zu sich, wenn dessen Vater ihn so akzeptierte, dann wäre es wohl das Beste, er akzeptierte ihn auch so. Wenigstens die vierzehn Tage, die der Auftrag höchstens dauern sollte. Also strengte er sich an, den Sohn eben als Frau zu sehen, aber nur der Form halber, nicht wirklich. Eine Frau ist doch etwas ganz anderes, etwas unerklärbar anderes. Als Greif sich anschickte nach draußen zu gehen, sah er seine Schutzbefohlene noch mit einem engen weißen Catsuit bekleidet und mit High Heels an den Füßen, im Badezimmer verschwinden. Gut, die Figur war schon sehr feminin und die Beine schienen endlos lang, aber warum mussten es Transen immer übertreiben? Welche Frau trägt in solchen Situationen einen hautengen Ganzkörpernetzanzug und zu allem Überfluss noch High Heels? Die, die Greif kannte, trugen bei solchen Gelegenheiten graue Jogginganzüge und Stoppersocken mit Mickey Maus-Motiven drauf. Jedenfalls jene, die auf eine Beziehung aus waren. One-Night-Stand-Frauen legten schon mehr Fantasie rein, das war klar, sie wollten ja den Wolf im Mann und nicht den Haushund hervorlocken. Greif war fast zur Tür raus, da hörte er aus dem Bad seinen Nachnamen. Herrgott, was war jetzt? Transen sind oft noch hysterischer als Frauen, davon hatte er gehört. Sie überzeichnen damit ihr angebliches Frausein bis hin zur Karikatur. Unwirsch trabte er zum Bad rüber und riss die Tür auf. „Sie“ stand am Waschbecken, und hatte zwei Hände am Drehknopf und brachte ihn scheinbar nicht auf. Greif war ja zuvor im Bad gewesen und hatte seine Hände gewaschen und dann zugedreht. Wie immer viel zu fest, denn Sicherheit war sein oberstes Prinzip, bis in die kleinsten Alltäglichkeiten hinein. Greifs Blick fiel auf die schmalen Handgelenke, beide von einem silbernen großgliedrigen Kettchen umspannt die jetzt wie Fesseln wirkten. Dazu die feinen fraulichen gepflegten Hände mit genau der Art aufreizender Nägel, wie sie Greif schon gerne sah. Lang aber nicht zu lang, und vorne abgeflacht. Das waren die, die er am liebsten hatte. Und weiß lackiert. Weiß hatte was. Weiß stach in die Augen. Diese Hände waren ihm schon während der Herfahrt aufgefallen, er hatte aber nicht so genau schauen wollen. Jetzt aber sah er sie ziemlich genau und dazu den über die Schulter geworfenen hilflosen Blick, aus diesen rauchig umrandeten, fast etwas verruchten Augen. All das, ließ ihn einen endlos langen Augenblick in einen Film hineinfallen, in dem er zugriff und sich die vermeintlich angekettete Hilflosigkeit ohne Rücksichtnahme schonungslos zunutze machte. Er tat natürlich nichts, aber dieser Film lief ab, in dem er zupackte, festhielt und an der Netzumspannung riss, um freizulegen und … Nebel, nichts als Nebel. „Aber, so helfen sie doch, Herr Eroll“, drang eine Stimme durch seine Fantasie und holte ihn zu den Tatsachen zurück. Er hatte scheinbar nichts gemacht, das sagte ihm der relativ entspannte Gesichtsausdruck der Transe. Ihre Hände waren auch nicht mehr an dem Hahn, sondern in ihre Hüften gestemmt. Auch das eine durchaus weibliche Haltung, wenn der Mann nicht gleich hilfreich ist. Greif drehte auf und wirbelte herum und war draußen. Er hatte diese Zustände seit seiner Scheidung und die nächtlichen Aufschrecker inklusive Herzrasen. In letzter Zeit waren sie seltener gewesen und die Hoffnung sie loszuwerden war gewachsen. Die frische Lust des dämmernden Herbsttages tat ihm gut. Er lief den Hang hinter dem Haus hinunter bis zu einem angrenzenden undurchdringlich wirkenden Nadelwald. Er hatte sich wieder im Griff und summte Santa Maria, den Hit von Roland Kaiser vor sich hin. Nichts war so sehr geeignet seine Nerven zu beruhigen, wie die Songs von Roland Kaiser, besonders auch dieses Lied mit der wunderbaren Melodie und dem Text der in richtigen Männern stille Stürme der geträumten Leidenschaften zu entfachen geeignet war. Eine sonnendurchflutete Insel und eine junge, geheimnisvolle Schöne in den Armen. Wie hieß es darin? Dann hielt ich ihre Jugend in den Händen. Eine sehr gelungene Umschreibung dessen, was Männer wie Roland und auch Greif als absoluten Volltreffer einstuften. Auch mit siebenundsechzig brannte da Greifs Feuer noch lichterloh. Ein Glück für das man keinen Namen kennt, dichtete Roland weiter. Wunderschön und so wahr. Hoffentlich ging Roland Kaiser bald wieder auf Tour. Greif musste mal wieder raus, die Seele baumeln lassen und was war da besser geeignet, als ein Konzert seines Lieblingsstars. Die Szene vorhin hatte doch deutlich gemacht, wie es um ihn stand. Durch den Wald würden sie sicher nicht kommen. Oben, weit über dem Haus, führte eine kaum befahrene Straße vorbei und hinter dieser, waren nur wenige Häuser eines kleinen Weilers zu erkennen. Kein Mensch würde den Nachkommen des Bosniers hier vermuten. Ausgeschlossen! Greif wurde jetzt klar, dass er vergessen hatte, zu fragen, wer eigentlich die potenziellen Entführer waren und warum sie eventuell eine Entführung planten. Da er den Job unbedingt brauchte, hatte er vermieden umständlich zu wirken. Zum Glück wurde es ihm scheinbar nicht als Unprofessionalität ausgelegt. Plötzlich musste er überlegen, ob die Szene im Bad real gewesen war. Er hatte einfach diese Momente der Unsicherheit über sein kürzlich unternommenes Handeln. Sein Zweifel ging so gar so weit, dass er befürchtet, er hätte die Transe deswegen mundtot machen müssen. Im Laufschritt hastete er hinauf zum Haus, um zu retten, was noch zu retten war, falls Schlimmeres geschehen war. Er fand seine, ihm überantwortete Person, in lässiger Haltung vor dem Fernsehapparat. Also, war nichts geschehen. Hätte er etwas getan, hätte sie es nicht geschluckt. Als er an ihr vorüber zu seinem Zimmer schritt, wortlos, um keinen Staub aufzuwirbeln, spürte er genau, dass ihm diese tiefgründigen scharfen Katzenaugen folgten und einen Moment lang kam er sich vor, wie eine lächerliche Maus, die auf einem viel zu niedrigen Drahtseil balanciert, das von der sprunggewaltigen geschmeidigen Katze spielend mit einem Satz zu erreichen ist.
  3. Vielen Dank, liebe Uschi. Du liegst mit deiner Vermutung goldrichtig, habe auch an die beiden gedacht dabei. Die Vertonung ist noch in Arbeit. Liebe Grüße Hera Vielen Dank, lieber Wolfgang, du hast natürlich vollkommen recht. Weil ich auch noch Hoffnung habe, habe ich diesen kleinen Song gemacht. Liebe Grüße Hera
  4. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Die Menschen strömen durch die Gassen, es scheinen endlos viel. Sie können ihr großes Glück nicht fassen, sie haben ein gemeinsames Ziel. Sie sagen, der neue Mensch ist erkoren, nun sind wir nicht mehr verloren. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Ich schließ mich ihnen an, lass mich treiben und folge dem fröhlichen Strom. Was die Herzen zusammenführt, wird bleiben, man spürt dies im Anfang schon. Er weist uns den Weg, wir wollen folgen, die Zukunft wird für alle golden. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance All unsere Probleme werden weggewischt, mit leichter, liebender Hand. Ein Ende mit Missgunst und Verzicht, unsere Sorgen werden gebannt. Kein Zweifel darf uns jetzt die Stirne trüben, wir müssen uns in Zuversicht üben. Alles was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Friede, Freiheit und Brüderlichkeit, sind keine Worthülsen mehr. Selbst in unserer düsteren Zeit, wird wachsen das friedliche Heer. Glaubt alle fest, dass es möglich ist, dass wir alle zusammen stehn. Egal woher du auch immer bist, lass uns in die gleiche Richtung gehn. Alles was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Die Weisen beginnen zu tanzen und singen und rufen, der neue Mensch, sind wir, die wir nicht länger um Vorteile ringen, reicht euch die Hände, alle hier. Wer euch sagt, ihr seid anders als die andern, wird eines Bessren belehrt. Doch auch er, wird mit uns wandern und am Ende durch Liebe bekehrt. Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance Alles, was wir sagen können, ist, gebt dem Frieden eine Chance ... +++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++ Hier, eine Liveaufnahme dieses herrlichen Titels, gesungen mit Feund*Innen aus der radikalen Friedensbewegung: (Nicht von Russland finanziert!!! Das lassen wir uns nicht nachsagen!)
  5. Hallo Dieter, vielen Dank. Es geht hier nicht um Trennung, sondern um das Anschmachten einer neuen, die eigentlich aber unerreichbar scheint. Liebe Grüße Hera
  6. Hallo lieber Wannovius, vielen Dank. Da mag vieles richtig sein, aber wieso nimmst du an, dass es ein Liebsten/ eine Liebste in Reichweite gibt? Davon ist hier nicht die Rede. Nur eben diese angesprochene scheint in Reichweite. Liebe Grüße Hera
  7. Hera Klit

    Leidendes Sehnen

    Ich schau’ dich an, obwohl ich es nicht darf und du lächelst, weil du den Toren entlarvst. Weder kenne ich die Formel, noch das Gesetz deiner Magie und Macht über mich. Millionen Gesichter, doch nur deins passt, wie der Schlüssel zu meinem Schloss. Ich bin hier nur zum Krankenbesuch und du bist der Engel, der pflegt. Jedes Mal, wenn ich komme, flehe ich, du mögest nicht da sein und hoffe doch, du bist es. Welche Falle stellt man mir hier und wer stellt sie mir? Schicksal, Vorsehung, Verdammnis? Einmal noch Tiefe fühlen und von dem Unergründlichen gepackt und verschlungen werden. Wie eine Blüte die tiefrot nochmal entbrennt, bevor die Sonne ihr leidendes Sehnen vertrocknend versengt.
  8. Hera Klit

    Greif Eroll

    Greif war beruhigt, dass es sich diesmal um den Personenschutz eines Sohnes handelte. Der Sohn eines bosnischen Bankers aus Offenbach. Es gab Hinweise, dass dieser entführt werden sollte, deswegen schaltete sein Vater Greif ein, um nur wenige Tage mit ihm unterzutauchen, irgendwo in der Provinz, dann sei der Spuk sicher vorbei, sagt der Erziehungsberechtigte am Telefon. Alles ging diesmal übers Telefon. Frauen waren ein Problem, sie verstrickten einen immer. Greif war sich seiner Wirkung auf sie bewusst und mehrere Tage eng zusammen, führten dann meistens zu Problemen. Entweder wollten sie was, oder sie wollten nichts, oder, sie wussten nicht, was sie wollten. Das waren die Schlimmsten. Eine dieser Art hatte ihn seinen Job bei der Polizei gekostet. Er war doch nur deswegen nackt in ihr Zimmer gekommen, nachts, weil er ein Geräusch gehört hatte und annehmen musste, da geht was schief. Er schlief ja immer nackt und es musste doch schnell gehen. Gerade im Personenschutz zählen oft Bruchteile von Sekunden. Er schnappte noch die Waffe und war schon drin in ihrem Schlafzimmer, worauf sie erwachte und falsche Schlüsse zog. Er musste ihr eine scheuern, um das Schreien zu beenden. Situationen die im Polizeibericht unglaubwürdig wirken. Die Richterin war freilich vorurteilsbehaftet, das war klar. Drei Jahre auf Bewährung, dann die Ehe futsch. Auch die Ehefrau freilich vorurteilsbehaftet. Pension den Bach runter, also malochen auf eigene Rechnung bis zum bitteren Ende. Diesen Job traute er sich auch mit siebenundsechzig noch zu, zumal keine Frau im Spiel war. Dieses Jüngelchen würde er schon zähmen. Also fuhr er zur Adresse, um den Burschen abzuholen. Ein Hotel im Westend, Zimmer 203. Er klopfte an, im vereinbarten Rhythmus. Es öffnete eine Puppe. Freches kurzes blondes Haar, Schmollmund, mit Rundungen an den richtigen Stellen. Was sollte das? Was ging da ab? Greif wählte die Nummer des Alten und beschrieb die Situation nicht ohne Vorwurf in die Stimme zu legen. Der Dad entschuldigte sich, er habe vergessen zu sagen, dass sein Sohn gerade dabei sei, sein Geschlecht zu wechseln, stünde aber noch vor der entscheidenden OP. Er hätte dies freilich erwähnen müssen. Womöglich sei dies wichtig, vielleicht aber auch nicht. Mensch, Greif hatte von solchen Dingen gehört, aber nicht angenommen mit so einem Wahnsinn, der heute überall grassierte, selbst konfrontiert zu werden. Diese Welt war auf dem absteigenden Ast und wurde jeden Tag weniger die, die Greif gerne gehabt hätte. Sein Schweigen am Apparat, veranlasste den Alten, ein paar zusätzliche Scheine nachzulegen. Greif legte auf und sein Blick auf den „Sohn“ ließ ihn seine eben gemachte Zustimmung fast postwendend bereuen. Aber trotz all dem Mummenschanz handelte es sich doch um einen Kerl. So betrachtet, hatte sich an dem Job ja nichts geändert. Also lud er den Knaben in seinen Van und karrte ihn an einen unbekannten Ort in einem Mittelgebirge. Er hatte dort bereits eine Ferienwohnung gemietet. Der Job war so gut wie in der Tasche. Sein Passagier hatte erstaunlich viel Gepäck dabei. Greif wie üblich eine Sporttasche mit ein paar Unterhosen und Socken und was man sonst noch so braucht. Eine Zahnbürste freilich auch. Natürlich auch seinen alten Rekorder, mit den best-off-Kassetten von Roland Kaiser. Greif ließ auf Roland nichts kommen. Der hatte Texte, die eine klare Linie zwischen Männern und Frauen zogen und die Melodien waren auch noch schön. In Rolands Welt waren Frauen, schön, schwach und geheimnisvoll und Männer kantig, stark und zielsicher. Da fühlte sich Greif zu Hause. Klare Fronten, verteilte Aufgaben. Im Augenwinkel konnte er bei der Fahrt immer wieder sehen, wie seine Begleitung den Rock, der von den Knien gerutscht war, wieder runterzog, als sei jemand an Bord, den diese Knie interessieren könnten. Aufkeimende Verachtung schluckte er runter, weil es eine seiner Maximen war, jedem seine Spinnereien zu lassen. Er hatte sich mal geschworen, keinen Menschen zu verurteilen, sogar Frauen versuchte er zu verstehen, aber ehrlich gesagt, konnte er seinen Beifahrer nicht im mindesten verstehen. Wenn man als Mann geboren wurde, das bedeutet, unten ist ein Schniedel dran, dann ist man Mann. Einfacher ging es doch nicht. Aber die heutige Zeit nahm ja nichts mehr einfach. Alles musste hinterfragt und auseinander- genommen werden. Das N-Wort durfte keiner sagen, Schnitzel mussten umbenannt werden, Frauen riefen die Polizei, wenn man ihnen nachschaute. Kein Wunder, dass die Jugend völlig konfus ist, dachte Greif, während er versuchte den Kopf geradeaus zu halten, um das ständige Rockgefummel nebenan nur ja zu ignorieren. Herrgott, bevor er das Knie eines Burschen anfassen würde, müssten Dinge geschehen, die auf dieser Welt noch nie geschehen waren. Wenn auf einen Mann das Prädikat hetero zutraf, dann war er es. Oft wurde er mit dem frühen Hans Albers verglichen. Die stahlblauen Augen, das kantige Kinn und die markige Figur. Er war sich sicher, Roland Kaiser und er würden auf der Stelle Freunde werden, wenn sie sich träfen. Da war ja auch eine Seelenverwandtschaft vorhanden. Eindeutig. Das las er aus den Texten, die ihm selbst auf den Leib geschrieben schienen. Obwohl Greif mehrere Konzerte dieses Künstlers bereits besucht hatte, war er aber nie mit Roland direkt bekannt geworden. Er war doch kein Teenager, der sich Backstage nach einem Autogramm drängte. Leider hatte er bei den Konzerten manche Frau kennengelernt, mit der der Sex schal war und eine geistige Ebene nicht vorhanden. Kurze Beziehungen, die einem wie Nachtmahre im Rest des Lebens verfolgen. Auf Rolands Konzerten sind eine Menge aufgewühlter Milfs unterwegs, die versuchen an Roland heranzukommen und wenn das nicht klappt, wenigstens an einen ähnlichen Typen. Greif steuerte den Van auf den Kiesweg vor dem Haus. „Sie haben ihr Ziel erreicht.“ krächzte der Kasten an der Konsole. „So, aussteigen mein Herr“, forderte Greif den Insassen auf und musste sich darauf anhören. „Ich bin eine Frau und bestehe auf die korrekte Anrede.“ Greif fuhr herum, weil er eigentlich keine Antwort erwarten hatte und schon gar nicht so eine, auch noch mit solch einer Stimme. Sein Blick fiel in kastanienbraune, scheu aufgeschlagene Katzenaugen mit magisch langen Wimpern und blieb länger dort hängen, als es von dem professionellen Verhalten eines Personenschützers, erwartet werden darf. Verdammt, was mache ich hier eigentlich, dachte Greif und stemmte sich schleunigst nach links aus dem Wagen. Dieser kleine Ausrutscher war ihm eine Warnung gewesen. Er würde absolute Neutralität und Professionalität praktizieren in den nächsten vierzehn Tagen, dann würde es einfach werden. Keiner wusste, dass sie hier waren, es konnte auch keiner herausfinden. Sie hatten sich unauffällig zu verhalten, nur er verließe das Haus, um evtl. benötigte Dinge zu besorgen. Den „Sohn“ bekäme draußen keiner zu sehen und dann am Schluss, gäbe er ihn dem Vater ungeschoren und unangetastet wieder zurück. Sowas von simpel. Fortsetzung folgt.
  9. Hera Klit

    Diätenfresser

    Ihre Worte sind inhaltsleer, Taten folgen keine hinterher. In Gremien und Zirkeln sitzen sie, und tun immer so als schwitzen sie. Dem Volk drücken sie eins aufs Ohr, in späten Talkshows am Monitor. Aber die Wirtschaft sie siecht, und der gute Bürger, der kriecht, auf dem Bauch wegen Steuerlast und hälts Maul, obwohls ihm nicht passt. Das sind wir hier ja alle so gewöhnt, dass Politik die Bewohner verhöhnt. Sie predigen öffentlich das Biken, von ihren Bentleys daheim tun sie schweigen. Das sind die Diätenfresser, wir kennen es nicht besser. Wir sind mit ihnen vermählt, wir haben sie ja schließlich gewählt. Das ist Democracy, a very good System, für Machtinteressen äußerst bequem. Aber es gibt ja kein besseres als dieses, zu Kommunismus und Diktatur sag’ ich „Jesus“. Lasst mich damit in Ruh, das wird nix. Also brauchts die Reform von unten, aber fix. Vorsicht vor Fakern die predigen, sie vergiften die Brunnen der Medien. Kauft euch lieber mal wieder ein Buch, lesen ist beileibe kein Fluch, das euch die Welt tiefer erklärt. Die paar Euro ist das sicher wert. Ich sollte jetzt versöhnlich enden, aber ich will doch niemand blenden. Ich bin beileibe kein Politiker, das Schönreden fällt mir schwer.
  10. Glaube mir, die Zeit scheint manchmal still zu stehn, dann greife ich in den Lauf der Welt nicht mehr ein. Ich lasse dann einfach alles vorüberziehn und fühle mich weder groß noch klein. Ich lasse nur alles sein, was mir mal wichtig schien und denke und lenke gar nichts mehr. Dann seh ich am Straßenrand die Rentnerin, sie schiebt ihren Rollator vor sich hin, der ihr erlaubt noch ein Stück des Wegs allein zu gehn. Sie war einmal ein frohes Kind mit Zehn, bald ein Backfisch und später eine Braut. Ich möcht leiden und weinen mit ihr. Aber ich muss doch gar nicht traurig sein, fällt eine hin, steht eine andre auf, das ist der Welten Lauf. Lass fahren, ruft es tief in mir drin, du verleihst dem Ganzen doch keinen Sinn. Was der Mensch heute so zu denken meint, ist schon morgen längst wieder überholt. Der Mechanismus, der dies alles zu treiben scheint, ist überdies für Menschen viel zu hoch. So will ichs lassen, nichts fassen, einfach sein. Ein anderer ist mit neunzig felsenfest, ans Bett geschmiedet und hält am Leben fest. Dann kommt die Nachricht vom Tod der Enkelin, so plötzlich und unerwartet, das rafft ihn hin. So eine Welt ertrug er dann doch nicht mehr, dann gab er sein eigenes Leben ganz schnell her. Doch wir müssen leben und streben immer mehr. Aber ich muss doch gar nicht traurig sein, fällt einer hin, steht ein andrer auf, das ist der Welten Lauf.
  11. Während der Häcksler rattert, lasse ich den Blick über den Garten schweifen, der einmal ein Familiengarten war und der jetzt nur noch der Garten eines alternden Mannes ist. Ich schneide alles extrem zurück, solange meine Hände noch nicht welk und kraftlos sind. Sogar die Brombeeren sind fast weg, aber sie lauern im Boden, auf ihre Chance und werden am Ende den Sieg davon tragen. Der Japanische Ahorn, den du gepflanzt hast, ragt schon fast zum Balkon hinauf, auf dem du samstags immer standest und riefst, wenn ich nicht rechtzeitig zum Essen kam. Ein neckischer Vorwurf umspielte dabei deinen Mund. Wir konnten uns ja niemals böse sein. Jetzt arbeite ich meist durch, im Garten, weil droben niemand wartet. Unsere Tochter ruft noch regelmäßig an. Ich rede dann möglichst vernünftig mit ihr, man erscheint ja so leicht seltsam, wenn man über sechzig ist. Mutter musste ich ins Heim geben, es ging wirklich nicht mehr. Ich weiß, es täte dir auch leid, obwohl sie dich nie akzeptiert hat. Du hattest dieses große Talent, zu verzeihen. Wenn es sein musste, immer wieder. Stell dir vor, Silke hat heute Morgen schon wieder angerufen. Sie ruft oft an, seit ihr Mann tot ist. Ich weiß, auch das würdest du verzeihn. Vernünftig wäre es, aber ich habe Angst, deine Stimme im Rauschen des Ahorns dann nicht mehr zu hören.
  12. Hera Klit

    Zunächst, demnächst

    Zunächst warten wir noch ab. Zunächst müssen mich deine Kinder nicht kennen. Zunächst leben wir noch getrennt. Demnächst wird sich vieles ändern. Demnächst, wenn wir uns näher sind. Zunächst ist es noch klüger, nicht zu weit zu gehen. Zunächst müssen wir vernünftig sein. Zunächst haben wir noch zu viel zu verlieren. Demnächst wird es anders sein. Demnächst werden wir uns für uns aufgeben.
  13. Hera Klit

    Fade Out

    Die Windsbraut bürstet die Locken der Bäume und die Songbirds schweigen. Ist das Herbst oder das Ende der Zeit? Ich höre James Taylor, American Standard und strecke die Füße aus dem Bett. Am Himmel stürmen graue Schwadronen, gen Osten mit Grüßen aus dem Westen. Moonriver; Huckleberry Friend so weit, entfernt in der Zeit, versunken vor einer Ewigkeit. Könnte ich nochmal einem Freund vertrauen oder gar in Liebe fallen? Mein brüchiges Gemüt sagt nein und empfiehlt, bleibe allein. Aber ich habe ja Freundschaften und Lieben im Herzen, die ich immer anrufen kann, die reiften wie guter Wein. Und in den Untertiteln steht: „gently Guitar Music … fade out“
  14. Hallo und vielen Dank, liebe Rosa, aber ich glaube, etwas anderes ausgesagt zu haben. Liebe Grüße Hera
  15. Hamburg, München und Berlin sind weit, deswegen tut mir's schrecklich leid, ich bleibe vorerst hier, mit dem Wald direkt vor der Tür. Ihr großen Städte, mit euren berühmten Boulevards, heißen Clubs und Museen voller feiner Arts, und den verruchten Transenbars, geht mir kaum aus dem Sinn, vielleicht komm’ ich mal hin, aber vorerst bin ich hier, in der Provinz und trinke mit Freunden ein Bier, die schwören würden, ich kenne euch nicht, und deswegen mach’ ich ein blödes Gesicht, sollen sie's doch weiter glauben, dann geben sie Ruh und ich gehöre dazu. Wir haben ein schiefes Rathaus auf Balken, eine geklaute gräfliche Sammlung, erzählen die Alten, und einmal im Jahr Lärmfeuer auf dem Berg, mehr braucht es nicht, das ist so weit unser ganzes Werk. Darauf sind wir nicht wenig stolz und zu Lästerern sagen wir, was solls. Ihr schamlosen Städte, im Norden, im Osten, im Süden und Westen, haltet nur ruhig weiter eure gutgläubigen Besucher zum Besten, zu euch komm’ ich bestimmt nicht hin, weil ich hier gefangen bin, und das ist gut so, denn man muss nicht alles tun, was man meint zu wollen, es reicht sich zu fügen, in das, was man glaubt zu sollen.
  16. Hera Klit

    Blowin in the Wind

    Ich traf sie beim Ausräumen von Mutters Haus, hatte sie vorher nie gesehen. Eine Enkelin von Marie, mit Augen wie sie. Ich konnte punkten bei ihr, mit Queen achtundsiebzig, sie liebt Bohemian Rhapsodie. Sie hat ein Autogramm von Billy F.G., meinem Helden der Bluesrockguitar. Wir redeten lange und viel und die Zeit spielte keine Rolle mehr. Am nächsten Tag, allein zuhaus, unterbrach ich mein Gitarrenspiel und dachte an sie. Wäre das nicht schön, eine Frau die Rock mag und nicht nur so tut, am Anfang? Konzerte zusammen und tanzen und sich dabei in den Augen verliern, wie damals mit Marie. Spät Nachts aufgedreht heimkommen und die Finger nicht voneinander lassen können und alles spürn wie beim ersten Mal. Eine echte Kameradin, etwas herb, aber dennoch schön und zudem jünger, das ist kaum ein Nachteil. Dann nahm ich die Klampfe wieder auf und sang: Blowin in the Wind
  17. Hera Klit

    Bald, ja bald

    Bald, ja bald Regen trommelt an mein Fenster und der Wind spielt mit dem Gartentor. Der Mai verließ mich, wie der Julius. Bald, ja bald, wird milder Schnee mein Dächlein kränzen.
  18. Hera Klit

    Verbrannt

    Wer sich nicht verbrannt hat, kennt das Feuer nicht. Ich will kein Gelingen mehr versuchen, weil ich das Scheitern nicht ertrage. Mein Brandzeichen ist unauslöschlich, es trägt deine Initialen. Alle die nach dir kamen, erkannten schnell, dass sie mich nie besitzen werden. Ich entflammte für dich und brannte wie Zunder. Nun bin ich ein verkohlter Wald, aber man weiß selbst darin ist Leben, aber eine andere Art, als man kennt. Die verborgene Wanze Aradus lugubris, der lichtscheue Schwarze Kiefernprachtkäfer Melanophila acuminata oder der selten sichtbare australische Prachtkäfer Merimna atrata. Also schreibe man meine Asche nicht ab.
  19. Hallo, liebe Josina. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Liebe Grüße Hera
  20. Hallo, liebe Josina, vielen Dank, natürlich ist das der Song Baba O`Riley von the Who, den ich als Begleitmusik interpretiert habe, aber mein Text, bezieht sich auf die Zukunft im Zeichen des Klimawandels, fußend auf den Schlüsselworten Teenage Wasteland. Liebe Grüße Hera
  21. Exodus wohin? Teenage Wasteland Ihr seid verbannt, von uns, die wir einfach nur lebten, weil das Leben so einfach schien, ins Ödland der Kinder. Vergebt uns nicht, denn wir vergeben uns auch nicht.
  22. -Verlinkung entfernt! Keine Verlinkungen in Beiträgen erlaubt! Die Forumsregeln beachten. mfG Das Moderationsteam JC-
  23. Hera Klit

    Nährendes Gold

    Der Greis des Sommers überquert noch einmal die Straße. Schmetterlinge tanzen um herabfallende Blüten. Die Speicher gedenken beladen des Winters. Nur ich, nutzte nicht die Zeit zur Vorsorge. Silberne Sonnen künden vom nahenden Herbst und ich hoffe auf das nährende Gold des Oktobers.
  24. Hera Klit

    Nachlese

    Eine riesige Heuschrecke, draußen am Glas der Küchentüre. Wofür könnte sie stehen? Für Schrecken, denn sie heißt Heuschrecke. Will sie mich erschrecken, für das was ich gerade dachte? Ich dachte, natürlich, war ich damals nicht zufrieden. Wie hätte ich zufrieden sein können, in einer Situation, die nicht meinen Wünschen entsprach? Ich weiß, das hätte dich stark verletzt. Und dabei fing der Tag so gut an. Mir fiel der Band mit Erzählungen von Ingeborg Bachmann in die Hand, in dem du Unterstreichungen gemacht hattest. Ich las sie dir nach, diese Liebesgeschichten und wenn deine Zeichen dem Mann gesonnen schienen, fühlte ich mich geschmeichelt. Trotzdem ärgerte ich dich und du schicktest mir diese schreckliche Heuschrecke.
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