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"Wenn ihr ihn nochmal sehen wollt, dann müsst ihr euch beeilen."

So die Worte deiner Schwester, als sie mich anrief.

Es schien ernst zu sein. Ich war erstaunt über meine Reaktion.

Uns trennten siebenhundert Kilometer und die Scheidung .

 

Airbnb konnte unseren beiden Söhnen und mir spontan eine Wohnung vermitteln.

Ein verlängertes Wochenende sollte es werden.

Du schautest überrascht, außer den beiden, auch mich wiederzusehen.

Meine Unsicherheit konnte ich ganz gut überspielen.

 

Den nächsten Vormittag verbrachte ich mit Kochen.

Was du gerne mochtest, habe ich nicht vergessen.

Bregenz ist wirklich eine sehr schöne Stadt. Nur so weit entfernt,

wie auch meine Erinnerungen, die allmählich verblassten.

 

Nach unserem gemeinsamen Mittagessen, das mir wie damals erschien ,- 

machte ich mich auf den Weg zum Bodensee.

Die Novembertage waren schon kalt. Deine Jacke,

die du für mich aus dem Schrank holtest; - du trägst sie immer noch?

 

Mitgehen konntest du nicht. Alles war anstrengend für dich geworden.

Die Jungen blieben bei dir, auch um ein paar Dinge in deiner Wohnung zu reparieren.

 

Die seichten Wellen des Sees glitzerten in der Nachmittagssonne und der Kaffee war viel besser als bei uns.

Könnte ich hier leben?  Du hättest es nicht gewollt, war ich doch in deinen Augen der Grund unserer Trennung.

Deine Besuche bei den Kindern, wurden wegen der Entfernung, auch weniger.

 

Ein ganzer Vormittag blieb uns noch, den wir mit Weißtdunoch Geschichten verbrachten.

Ja, gelacht haben wir auch. Es war beinahe ein entspanntes Lachen.

 

Zeit für den Abschied. Das Auto war fertig gepackt.

Treppen zu gehen, machte dir schon viel Mühe, deshalb bliebst du in deiner Wohnung

und winktest aus dem Fenster. Ein kleines Fenster, das gerade mal deinen Kopf durchließ.

Blicke sprechen Bände, sagt man. Dein Blick öffnete eine Türe, zu meiner Kammer des Vergessens.

Was du gedacht hast, konnte ich nicht wissen. Auch wusste ich nicht, dass es das letzte Mal sein würde, dass wir uns sehen.

Vielleicht wollte ich es nicht wissen, weil ich doch  während  dieser zwei Tagen eine , wenn auch unbeholfene, Annäherung beiderseits spürte.

 

Nein, die Zeit lässt sich nicht zurückzudrehen.

 

Und heute? Heute brauche ich nur zehn Minuten

bis zu dem Baum, wo du deine letzte Ruhe fandest,

und erzähle dir Weißtdunoch Geschichten.

Manchmal sogar, kann ich dich lachen höhren,

oder ist es der Wind, der durch die Kronen fegt?

 

gew.

 

 

 

 

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