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Klaustrophobie


Alter Schatten, alter Schrecken,

ach, ich kenn dich nur zu gut,

kann mich nicht vor dem verstecken,

was in meinem Innern ruht.

Vor dir gibt es kein Entrinnen,

du schlägst zu und ich knick ein,

lebst als Teil in meinen Sinnen

und ich bin mit dir allein.

Hast dich in mir eingenistet

als ein ungebetner Gast,

meinen Willen überlistet,

wenn mich deine Hand erfasst.

 

Plötzlich kaum mehr atmen können,

plötzlich reißt das Lebensband,

magst mir keine Pause gönnen,

jagst das Herz in den Verstand.

Fesselst mich mit Eisenringen,

nagelst meinen Willen fest,

wirst mich in die Knie zwingen

weil du mich nicht gehen lässt.

Nirgends ist ein Weg zu sehen,

kann nicht vor und nicht zurück,

kann nur steif und stille stehen,

wie erstarrt im Augenblick.

 

Und dann gehen meine Füße

ohne mich den Weg hinaus,

helle Weite, frische Brise,

frei fließt Atem ein und aus.

Endlich lassen deine Hände

ab, dein fester Griff wird leicht,

löst sich ohne Wiederstände,

wie ein Wind vorüber streicht.

Endlich wieder atmen können,

endlich wieder ich, nicht Knecht,

kann mir etwas Ruhe gönnen,

bis zum nächsten Kampfgefecht.

Platzierung

3.

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20

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Kommentare

13

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13 Kommentare


liebe salseda,

 

dein gedicht war einer meiner favoriten und hat es verdient aufs treppchen geschafft. herzlichen glückwunsch! so eindringlich und nachvollziehbar sind deine zeilen, dass ich mich problemlos hineinversetzen konnte. auch das lösen aus der angst hast du wunderbar rüber gebracht. :thumbup:

die conclusio am ende, dass das nur eine kurze pause ist, bevor der nächste kampf beginnt, lässt den leser mit einem mulmigen gefühl zurück. starkes stück!

 

lg

sofakatze

Liebe Sali, 

 

Von alles Podestplätzen gehst Du am konkretesten auf das Thema ein und triffst damit genau ins Schwarze!

Du beschreibst eine reale Angst sehr plastisch und als Leser leidet man mit und muss schier nach Atem ringen.

Ich habe diesmal bewusst anonym darüber entschieden, welche Gedichte mir am besten gefallen (und habe alle Vorinformationen ausgeblendet).

Und: Natürlich gehörtest Du gleich zu meinen Favoriten! ? 

 

Herzliche Glückwünsche und liebe Grüße,

Georg

Liebe Sali,

 

nachdem ja bereits nahezu alles gesagt wurde, schließe ich mich einfach an und gratuliere dir herzlich zum Bronzepokal! 

 

Aber meinen Favoritenvers möchte ich erwähnen:

 

Zitat

jagst das Herz in den Verstand.

 

Ich mag diese Formulierung wirklich sehr! Sie ist 'Two in One'. Zum einen erkenne ich die Verbindung mit dem von Angst verursachten 'Herzjagen', zum anderen kann ich ihr entnehmen, wie das Herz, als Symbol für Emotionen, den Verstand 'verjagt'. Ich finde, da ist dir etwas Besonderes gelungen, das ich deshalb hier hervorheben möchte. :classic_happy:

 

LG,

 

Anonyma

Hi Sali,

 

meinen herzlichen Glückwunsch zum Edelmetall.
 

Auch mich hast du sehr glaubhaft und lückenlos durch die Emotionen des LI geführt.

 

Und die Stelle die Anonyma herausgehoben hat ist auch für mich das Zentrum deiner Zeilen.

 

Ich war so im Thema, dass es sich bereits beim ersten Lesen fastbeinaheumeinhaaar verselbstständigt hat...

 

...du, und in solchen Momenten habe ich dann manchmal und plötzlich fertige Versatzstücke im Kopf. Das geht mir in meinen Gedicht bisweilen auch so.

 

Ich möchte dir dieses nicht vorenthalten


...

Nirgends ist ein Weg zu sehen,

dann erstarrt der Augenblick,

kann nur steif und stille stehen,

und die Stille starrt zurück.

...
 

Du, deine Zeilen haben mich sofort erreicht und mitgerissen. Genau so sollen Gedichte sein. Das ist gut. (Und zeitraubend – weil ich nach solch einem Gedicht erst mal eine ganze Zeit verstreichen lassen muss bevor ich den Kopf frei genug habe, um ein Weiteres zu lesen). Klasse!

 

Liebe Grüße

 

vom Gaukel

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